BG Streitgespräch: Der Fall James Dean … und die Folgen

12. November 2019, Christian Westhus


Ein großer Skandal? Eine ethische Untragbarkeit? Oder nur der unvermeidbare nächste Schritt innerhalb eines technologischen Entwicklungsprozesses? Ein geplanter Film namens „Finding Jack“ sorgt aktuell für Aufsehen mit einer ungewöhnlichen Castingentscheidung. James Dean, Star aus „Giganten“ und „Jenseits von Eden“ und darüber hinaus seit 1955 tot, soll eine große Rolle im Kriegsfilm spielen.

Wir haben digitale Doppelgänger, konnten die Entwicklung digitaler Verjüngung und Veränderung beobachten, von Tron Legacy bis Gemini Man und The Irishman. Wir haben womöglich mit der Stirn gerunzelt, als insbesondere die jüngsten Star Wars Filme gleich zweimal eine digitale Wiederauferstehung wagten. Es war vielleicht wirklich nur eine Frage der Zeit. Die Regisseure Anton Ernst und Tati Golykh gründeten ihre eigene Produktionsfirma Magic City Films und gehen mit Finding Jack ihr Langfilmdebüt an. Basierend auf dem Roman von Gareth Crocker geht es um Soldaten im Vietnamkrieg und um Hunde, die die Soldaten begleiten. Doch (noch) ist die eigentliche Handlung von „Finding Jack“ nebensächlich. James Dean soll, wie der Hollywood Reporter berichtet, eine große Nebenrolle spielen. In irgendwie absurder Art und Weise beschreibt Regisseur Ernst, man habe lange nach einem passenden Darsteller für die Rolle gesucht und habe dann in James Dean den angeblich perfekten Darsteller gefunden. Ernst setzt dann fort, man habe den Segen von James Deans Familie, wolle das Ansehen der Hollywoodlegende ehren und stärken.
Doch wie ernst kann man das alles nehmen? Ist es nicht einfach nur perfides Stunt Casting mit ethisch fragwürdigem Unterton? Und warum ist es überhaupt fragwürdig? Sind Gesichter berühmter Menschen vielleicht Teil der Public Domain, Teil des kulturellen Welterbes, mit dem frei verfügt werden kann? Und wo kommen wir hin, wenn wir den Fall James Dean jetzt durchwinken? Diese und andere Fragen versucht die BereitsGesehen Redaktion in einem Streitgespräch zu beantworten.

(C) Warner Bros.

Christian Westhus: Damit war zu rechnen. Ich meine auch mich zu erinnern, davon in mindestens einem Podcast mal gesprochen zu haben, dieses Szenario kommen gesehen zu haben. Ich glaube auch, dafür ein wenig belächelt worden zu sein. Aber ich sage das ohne einen Funken Genugtuung, denn ich wünschte, all dies bliebe uns erspart. Ich will nicht direkt im ersten Absatz schon Godwin’s Law bestätigen, aber wenn ich meinem inneren Zyniker mal kurz Kontrolle über meine Tastatur gewähre, dann wäre der Fall „James Dean und Finding Jack“ der Reichstagsbrand auf dem Weg zu einer digitalen Höllenzukunft, die nicht nur durchweg mit „Toten“ bevölkert ist, sondern in der berühmte Gesichter nur noch eine kauf- und vermarktbare Ware darstellen und daher auch als Ausbeutungsgegenstand fungieren.
Ich war schon bei Tarkin/Peter Cushing in ROGUE ONE auf der „Dagegen“ Seite, noch verstärkt durch die Tatsache, dass die Technik einfach noch nicht so weit war. Aber sie wird so weit sein. Ich bin zu wenig in der Materie drin, aber der Videospielmarkt erlebt gerade mit DEATH STRANDING eine eigene mittelgroße Revolution, was digitale Darsteller betrifft. Doch immerhin sind es dort noch wirkliche Darsteller, die über die Verwendung ihres digitalen Abbilds mitentscheiden durften und konnten. James Dean kann dies nicht. Seine Familie habe aber grünes Licht gegeben, betont der Regisseur, wohl wissend, dass diese plumpe PR Aktion (denn genau das ist es erst einmal auch) auch einen Shitstorm auslösen könnte. Deans Familie hat also grünes Licht gegeben. Okay. Welche Familie denn? Dean war 24 Jahre alt als er starb, unverheiratet, ohne (offizielle) Kinder, ohne Geschwister, die Mutter bereits verstorben. Und diejenigen, die Dean wirklich kannten, sind heute auch schon über 70 Jahre alt. Wer will ihn denn wirklich vertreten? Irgendein Cousin dritten Grades? Und selbst wenn sich noch ein Onkel findet, ist Verwandtschaft nicht immer gleichzusetzen mit aufrichtiger Motivation und Entscheidungsfindung. Ich habe ein wenig recherchiert. Ernst/Golykh haben nicht direkt mit Deans Familie gesprochen, sondern die Lizenz an James Dean über die Firma CMG Worldwide erworben. Wie passend, dass man auf deren Homepage direkt von einem James Dean Bild in Empfang genommen wird. CMG vertreibt die Bildrechte und Lizenzen von Stars und Berühmtheiten, einige lebend, die meisten aber bereits verstorben. Genutzt wird dies bisher zumeist für Werbung, doch ein Film ist der logische nächste Schritt. Man müsste jetzt natürlich nachforschen, was für Verträge Dean damals unterschrieb (Jeder, der aktuell eine größere Rolle in einem Disney Film hat, treibt als digitale Ganzkörperkopie wissentlich über Disneys Serverbanken.), doch ich denke man kann davon ausgehen, dass Dean Anfang der 1950er Jahre noch nicht damit rechnen konnte, was digitale Tricktechnik und das Internet mit seinem Abbild anstellen können.
Und was für ein Blödsinn ist diese Argumentation der Regisseure?! Man habe Dean in einem Castingprozess als idealsten Kandidaten entdeckt? Haha. Ja, wie denn?! Das Gesicht ist doch nicht der Schauspieler! Am Ende wird es eine Mischung aus Motion Capture und digitaler Animation in Kombination mit einem Synchronsprecher. Man kann nicht James Deans Persönlichkeit digital rekreieren, nicht diese Lebendigkeit, diesen ungezähmten Instinkt, der ihn zur Legende machte. Zu behaupten, man habe den Schauspieler James Dean gecastet, ist vollkommener Irrsinn. Man „kleidet“ einen vermutlich mittelmäßigen Schauspieler mit Deans digitalem Antlitz und erfreut sich an der Online PR, die dadurch entsteht. Und an den ethisch-moralischen Anstandsgrenzen, die man hinter sich gelassen hat. Oder gehen nicht die Verantwortlichen hier zu weit, sondern ich?

Manuel Föhl: Ich stehe da erstmal ganz hinter dir. Ja diese Entwicklung war absehbar und ist scheinbar nun nicht nur mehr ein Werkzeug für große Studiofilme, sondern ist technisch und finanziell wohl auch für solch einen Kriegsfilm möglich. Wir kennen noch kein Budget, aber ein dreistelliger Millionenbetrag wird er wohl nicht haben.

Nun wird man auch wieder die Frage hören, warum man den Film nicht einfach ignoriert. Man muss ihn ja nicht schauen und alles schwarz malen. Doch damit würde man sich nur den Konsequenzen verschließen. Doch was könnten das für welche sein? Nun da haben wir zum einen junge, aufstrebende Schauspieler. Manch einem würde es womöglich schmeicheln als „neuer James Dean“ bezeichnet zu werden. Im Laufe seiner Karriere würde er sich natürlich bemühen diese Bezeichnung ablegen zu können und seinen Namen populär zu machen und womöglich seinen Stil zu spielen zu etablieren. Nun könnten wir aber bald die Situation haben, dass kein Studio mehr diesen neuen James Dean sucht. Sie fertigen ihn sich einfach aus dem Computer. Die Studios haben schon lange die Nostalgie als ein Verkaufsmittel ihrer Produkte entdeckt und nun können sie sogar die Schauspieler aus der Kindheit des Publikums wieder auferwecken. Kein mühsames Make-Up auftragen mehr auf die verfalteten Gesichter der einstigen Stars oder umgeschriebene Drehbücher, weil der/die SchauspielerIn nicht mehr lebt. Es braucht keinen Nachwuchs mehr. Wir haben hundert Jahre an Schauspielergenerationen, die vom Publikum bereits gekannt und geliebt werden. Casting aus dem Katalog der Filmgeschichte.

Das ist nun zugegeben überspitzt formuliert, aber die Technik dafür scheint da und der Riegel der moralischen und ethischen Bedenken brüchig im erfolgsgetriebenen Filmgeschäft.

Entfernen wir uns davon und denken an die schon jetzt populären DeepFakes wird auch deutlich wie eine solche Technik, den schon immer diskussionswürdigen Abbildungsrealismus des Films oder anderer Bildmedien in Frage stellt. Über die Filmwelt hinaus.

Ja ein GEMINI MAN konnte die Technik narrativ nutzen, aber auch hier sollte man nicht müde werden zu betonen, dass die Performance des jungen Will Smith das Endprodukt mehrerer Effektkünstler ist, die sich u.a. an alten Aufnahmen des Schauspielers orientiert haben. Wir sehen eine Figur Will Smith, die so agiert, wie wir denken, dass Will Smith etwas spielen würde. James Deans Filmografie ist begrenzt, bildet aber nun die Grundlage dessen, wie man glaubt, dass er nun eine Rolle interpretieren würde. Eine Entwicklung seines Schaffens? Fehlanzeige. Aber hat danach überhaupt wer gefragt?

(C) Lucasfilm, Disney

Michael Essmann:  Man, was muss ich hier denn lesen? Da hab ich mal Zeit für ein Streitgespräch, und dann das. Ich will Streit, Blut, Tränen. Stattdessen gibt es überwiegend Butterkuchen und ich bin den Tränen nahe. Ok, dann (bis hierher) nur Gespräch.

Was? Wieso? Wer kann nur auf so eine Idee kommen, ohne dies nicht nach nur ein paar Sekunden bei klarem und wachem Verstand als völlig der falsche Ansatz abzutun? Analog zum LAST ACTION HERO und “[…]Sie machen Dienst mit einer schwarzweißen Computervitalisierung von Humphrey Bogart“ heißt es nun also Sie spielen mit einer 4K 3D Computervitalisierung von James Dean.

Denn natürlich ist James Dean der ideale Kandidat dafür, in einem 2021(?) Film zum Thema Vietnamkrieg eine bedeutende Rolle zu spielen. Er verstarb ja im Jahr des Kriegsbeginns. Also ideal. Womit Dean bei Kriegseintritt der USA zwar längst tot war, aber was solls. Hätte der Mann und Künstler Dean in einem Film zu diesem Krieg überhaupt mitgewirkt? Also abseits der zeitlichen Unmöglichkeit. Er hatte ja nie die Möglichkeit, sich eine Meinung dazu zu bilden. Niemand vermag das zu sagen. Und auch wenn man nun laut Aussage der Verantwortlichen das Recht dazu hat, hat man nicht zwingend das Recht dazu.

Ähnliche Darsteller für ein Biopic oder wie bei Tarantino den Bruce Lee oder Manson so herzurichten, ganz andere Ausgangslage, ganz wie das Recycling und die Anpassung alter Szenen an ein Projekt. Auch scheint dies hier auch nichts charmant experimentelles eines TOTE TRAGEN KEINE KAROS zu haben. Und einen Brando im Kontext eines SUPERMAN RETURNS seinerzeit wieder drin zu haben, war in sich schlüssig. Das durfte der Geschichte zuliebe so sein. Hatte eine innere Logik. Das hier ist „ich kann es, also mache ich es.“ Egal ob es ne gute Idee ist.

„Ihre Leute waren nur darauf konzentriert ob sie es schaffen können. Ob sie es tun sollten, die Frage stellte sich keiner“ sagte Jeff Goldblum in seiner Rolle als Dr. Ian Malcolm einst auch hierauf anwendbar und zutreffend. Ethik, Moral… egal. So scheint es. Aber man hat ja die Familie gefragt. Christian Westhus hat hierzu genug gesagt, ich spare mir die Zeilen und euch die Zeit. Hohle Phrasen. Mehr sehe ich darin nicht.

Wäre dies ein notwendiges Sequel (nehmen wir einfach mal an, es gäbe soetwas) zu einem älteren James Dean, und man würde wie bei Paul Walker einfach nur den Abschluss suchen und das Beste aus einer unschönen Situation machen, wäre ich wieder dabei. … DENN SIE WISSEN NICHT, WAS SIE TUN 2: FINDING JACK . Merkwürdig, aber nun ja. Vertretbar?! So irgendwie. Weil man da so halbwegs nen Grund und ne innere Logik drin hätte.
Aber hier? Klar, man hat gesucht und nicht gefunden. Und statt jemanden zu nehmen der im Casting nur ok passt, und im Film eventuell die Rolle findet und sich zueignen macht, digitalisiert man lieber direkt James Dean. Denn der passt. Auch wenn tot. Und eigentlich ja gar nicht James Dean ist. Sondern nur so ca. so aussieht und vermutlich ähnlich klingt. Logisch. Bestimmt besser als, hmm, ich weiß auch nicht. Einfach besser.

Aber wo bleibt die Passion, die individuelle Leidenschaft für ein Projekt, das Herz und die Seele, die ein Darsteller in ein Projekt steckt? Das wird man niemals korrekt abbilden, maximal auf Vermutungen anderer Individuen hin wird simulieren können. Das mag auch eine andere Form der Kunst sein, aber eine der Zweckmäßigkeit geschuldete und gekünstelte, nicht im Ansatz authentische.

Wird der Film uns den Gefallen tun, und Dean für uns noch einmal sterben zu lassen und uns diesmal gar dabei zusehen lassen? FAST 7 wagte dies mit Paul Walker nicht. Und das war gut. Und auch wenn Dean längst vor den eigenen Lebzeiten verstarb, wirkt dieser Gedanke allein grausam und unangebracht. Wie die ganze Sache mit dem digitalen Klonen alter Ikonen, zum reinen Selbstzweck. Es graut mir heute schon, wenn ich an übermorgen denke. Wenn das hier erfolgreich wird und Akzeptanz findet und darüber hinaus mit den Jahren erschwinglicher wird. Oh man.

Wird also bald der King of Cool der 60er und 70er Steve McQueen zusammen mit Liam Neeson, Marilyn Monroe und Audrey Hepburn auf den aktuellen King of Cool Ryan Gosling treffen? Und im Jahr drauf, da reitet sicher der junge Clint Eastwood zusammen mit Yul Brynner, James Garner, Charles Bronson, Gary Cooper, Burt Lancaster, Kirk Douglas, Robert Mitchum und John Wayne als DIE GLORREICHEN NEUN gegen Marlon Brando und Eli Wallach. Und als Krönung des Ganzen kann Sean Connery auch noch der ewige JAMES BOND werden. Der macht dann auch keine Zicken am Set, verlangt keine mehreren Jahr Ruhepause zwischen den einzelnen Teilen, und ist auch sonst wunderbar zahm.

Daniel Schinzig: Gibt es eigentlich bisher irgend jemanden, der das wirklich gut findet? Gibt es eventuell irgendwo da draußen einen leidenschaftlichen James-Dean-Fan, der nun übereuphorisch in seinen James-Dean-Socken und mit der James-Dean-Gedächtnis-Frisur durch die James-Dean-Street tanzt? Kann man so etwas überhaupt gut finden? Hat da irgend jemand wirklich drauf gewartet?

Noch mehr, als die ethischen Bedenken dahinter, die ihr, werte Kollegen, schon sehr ausführlich ausgeführt habt – schöne Einbindung des „Jurassic Park“-Zitats übrigens, Michael – geht mir gerade wirklich die Frage durch den Kopf: Warum James Dean? Ob man es nun befürwortet oder ablehnt, die bisherigen Versuche von digitaler filmischer Wiederauferstehung hatten immer auch einen kleinen Funken von Sinn – und sei es das eigentlich nicht gelten solltende Argument „Fan Service“. Die meisten werden das Erscheinen von Leia in „Rogue One“ kritisch beäugt haben, aber ich vermute, nicht wenige (unreflektiertere?) „Krieg der Sterne“-Fans werden sich über den Anblick gefreut haben. Und wie mit Walker in „Furious 7“ umgegangen wurde, hat sogar in einem Großteil der Kinosäle für Tränenregen gesorgt. Ja, auch hier liegt schon genug Diskussionsgrundlage begraben, aber mir erschließen sich die Entscheidungen, die Toten kurzzeitig auf cineastischer Ebene zurück ins Leben zu holen.

Aber James Dean? Warum? Wieso? Wer kennt den denn noch vom häutigen Mainstream-Publikum? Das ist ein Name, der im kollektiven Bewusstsein so vor sich hinschwirrt. Aber die wenigsten werden den Namen einordnen, geschweige denn ihm ein Gesicht zuordnen können. Was wird also passieren, wenn die das wirklich durchziehen und ein computeranimierter Dean-Klon in ein paar Jahren über die Leinwand huscht? Wahrscheinlich würde es nicht mal bemerkt werden. Und ich weiß nicht, ob es das besser oder sogar noch schlimmer macht.

Es liegt in der menschlichen Natur, dass wir Verluste nicht wahrhaben und ungeschehen machen wollen. Geht ein Thomas Danneberg in Rente, hat ein Arbold Schwarzenegger im nächsten Film gefälligst trotzdem mit seiner gewohnten deutschen Stimme zu sprechen, auch wenn das heißt, einen Schauspieler in seinen 30ern auf einen Schauspieler in seinen 70ern zu besetzen. Hauptsache, die Illusion bleibt ein Stück weit erhalten. Und stirbt eine Carrie Fisher, dann hat sie gefälligst trotzdem noch ihre ikonische Rolle zu beenden. Der Tod ist schon lange kein Argument mehr, um nicht mehr arbeiten zu können. Doch wo all diese bisherigen Fälle aktuelle Stars betrafen, wird ab jetzt in der Moderkiste Hollywoods gegraben, auf das die Apokalypse der CGI-Hollywood-Altstars beginnen kann. Schöne neue Kinowelt.

Christian Westhus: Schon erstaunlich, wie vielseitig das Ian Malcolm Jurassic Park Zitat ist. Man kann damit (sämtliche?) JURASSIC PARK Fortsetzungen in die Pfanne hauen, aber auch so Kokolores wie diese James Dean Sache. Übrigens: Während wir hier geplaudert haben stand die Zeit natürlich nicht still: In der Zwischenzeit ist aus der oben erwähnten Lizensierungsfirma CMG Worldwide in einem Merger mit Observe Media die neue Firma Worldwide XR geworden. Um das noch einmal zu betonen: diese Firma (die alte und die neue) besitzt die Lizenzrechte an Gesichtern und Identitäten. Irgendwelche familiären Repräsentanten haben die „Rechte“ an CMG Worldwide abgetreten; wirklich konkret einseh- und nachvollziehbar ist das nicht. Und der neue CEO von Worldwide XR verspricht, dass dies erst der Anfang sei, dass noch mehr dieser Art geplant sei, mit weiteren verstorbenen „Legenden“ und noch mehr mit James Dean. Dies ist die Zukunft, die uns im Kino bevorsteht.
Wir leben bereits im Zeitalter ewiger Sequels, Remakes und Neuverwurstungen existierender Lizenzen. Wenn schon die (meisten) Geschichten bisher nicht mehr Originale sein durften, waren zumindest die Gesichter der Interpreten neu. Doch auch das scheint auf lange Sicht nicht mehr gegeben zu sein. Die Kopie einer Kopie einer Kopie…
Der Regisseur von „Finding Jack“ ist übrigens total überrascht, dass er so viel Gegenwind einstecken musste. Es sei kein Marketing Gimmick, sagt er. Okay. Lol. Na, wenn er das sagt, muss es so sein. Prominenter Wortführer in der Gegenbewegung, die – wie wir – Unheil am Horizont sieht, ist übrigens Chris Evans. Ja, Captain America selbst geht mit Forke und Fahne voraus, also jemand, der selbst sehr genau wissen sollte, was heutige Großkonzerne mit ein paar Mausklicks und digitalen Ganzkörperkopien erschaffen können.
Was lernen wir also daraus? Gibt es eine Möglichkeit, dem zu entgehen? Boykotte und Gegenargumente über die Seite und über Social Media? Dabei haben wir ja festgestellt, dass es in Fällen wie bei Tarkin, Paul Walker oder auch Sean Young in BLADE RUNNER 2049 narrative Gründe geben kann, die ein ethisches „Okay“ bekämen. Vielleicht müssen wir deutlicher aufzeigen, wann eine solche Totenbeschwörung erwünscht und sinnvoll ist, und wann sie originalitätsbefreite Grabschändung zu PR-ZWecken ist. Also, „Finding Jack“, von ganzem Herzen: get lost!

Autor: Christian Westhus

Ein echter Ostwestfale. Gebürtig aus einer kleinen Doppelstadt, die niemand kennt, studierte Literatur in einer Stadt, die es angeblich nicht gibt (Bielefeld). Arbeitet seit 2006 für BereitsGesehen, schreibt Kritiken und Kolumnen, gehört zum Podcast Team und ist einmal im Monat beim KultKino in Lippstadt zu sehen.

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