BG Kritik: „Inventing Anna“ (Netflix)

27. Februar 2022, Christian Mester

Kann man sich ganz ohne Reichtum… in die Welt der Reichen mogeln? Die junge Hochstaplerin Anna Sorokin war der Meinung, dass man das doch einfach mal probieren könnte, und war mit ihrer Charade sogar relativ erfolgreich – bis sie irgendwann mal aufflog. Eine etwas ungewöhnliche Rags-to-Riches Story…

Besetzung: Julia Garner, Anna Chlumsky

© Netflix – Trailer Screenshot https://youtu.be/65xa8TG2G8o

In der neunteiligen Miniserie auf Netflix spielt Julia Garner Anna Sorokin, oder wie sie sich lange nannte, Anna Delvey. Arrogant und frech bis zum geht nicht mehr, stets top gestylt, mit großer Fashion- und Kunstkenntnis und unaufhaltsam selbstbewusst, schummelt sich die junge Russin in die Freundeskreise Schwerreicher und erzählt denen, Tochter eines reichen Deutschen zu sein, dessen Kapital nur gerade schwer zu erreichen ist. Kern der Serie ist zum einen, wie sie sich durch die High Society New Yorks lügt, und welchen Effekt das ganze auf eine Journalistin hat, die nach Sorokins Gefangennahme alles daran setzt, deren Geschichte publik zu machen.

Immer wieder ertappt man sich dabei, wie man ihrem Schaffen und ihrer Dreistigkeit folgt und man schlicht erstaunt darüber ist, dass so jemand damit so lange durchkommen konnte. Spannend ist, wie die Journalistin immer neue Facetten aufgedeckt, oder wie Sorokins Anwalt versucht, die frechdreiste junge Frau zu verteidigen.

Die junge und nur aus der Serie „Ozark“ bekannte Garner erweist sich direkt als fantastische Entdeckung, da sie es wirklich glaubhaft vermittelt, wie jemand ohne eigene Mittel anderen derart was vorspielen konnte, dass man ihr ständig glauben und helfen konnte. Ähnlich gut ist „My Girl“ Anna Chlumsky, die als hochschwangere eine ’normale‘ Frau spielt, die einfach nur verdutzt ist, wie jemand all das schaffen konnte und mit der kommenden Deadline Geburt möglichst schnell arbeiten muss, um noch rechtzeitig fertig zu werden.

Interessant ist, dass die Serie – die übrigens mit der Unterstützung der echten Sorokin gemacht wurde – die titelgebende Täterin weder verherrlicht, noch verurteilt. Zum einen hat die Serie fraglos eine Art Respekt vor der Art, wie Sorokin Bänker (u.a. gespielt von Anthony Edwards aus Emergency Room) betuppt und sich unter die Schönen und Reichen mischt, zum anderen hat sie aber auch eine gewisse Art Mitleid, denn die desillusionierte junge Frau verfolgt ihren Traum nicht aus reiner Masche um sich selbst zu bereichern, sondern, um sich in irgendeiner Art selbst zu erfüllen.

Fazit:

So schnell können 9 Folgen durchgebinged sein – „Inventing Anna“ ist eine sehenswerte, flott erzählte Geschichte über eine äußerst geschickte Trickbetrügerin und dürfte all denen gefallen, die Spaß an „Catch Me if You Can“, „Tricks“ oder den „Ocean’s“ Filmen (minus eines Teams) hatten.

7/10

Autor: Christian Mester

Dieser Filmenthusiast (*1982) liebt es, manchmal auch mit Blödsinn, Leute für Filme zu begeistern. Hat BG im Jahr 2004 gegründet und ist dann für Pressevorstellungen, Interviews und Premieren viel rumgereist, hat als Redakteur u.a. für GameStar geschrieben, war dann mal Projektleiter in einer Werbeagentur mit Schwerpunkt dt, Kinostarts und - schaut gerad vermutlich schon wieder was.

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