BG Kritik: „Pig“ – Nicolas Cage und das Trüffelschwein

18. März 2022, Christian Mester

In einem seiner neuesten kuriosen Projekte spielt Nicolas Cage einen im Wald lebenden Eremiten, der eines Tages von Einbrechern überfallen wird. Die Raufbolde schlagen ihn nieder und klauen sein kleines Schweinchen, das er zur Trüffelsuche abgerichtet hatte. Blutverschmiert zieht er in die Stadt, um es wiederzuholen…

Regie: Michael Sarnoski
Besetzung: Nicolas Cage, Nate Wolff

© Madman Films Trailer Screenshot https://youtu.be/516-k9d-FW0

Vorab: es wurde teilweise berichtet, „Pig“ sei eine Art „John Wick“ mit Nic Cage als bärtigen Rächer in ernster, aber die Beschreibung könnte tatsächlich nicht falscher sein. Ja, im Prinzip sucht auch hier ein zäher Mann mit geheimnisvoller Vergangenheit Vergeltung für ein geliebtes Haustier, doch was die „John Wick“ Filme in ihrem Genre als drei der besten der letzten Zeit zementierte, hat „Pig“ nicht: Action. Die gibt’s hier nicht, der Trailer täuscht.

Stattdessen ist der Film, der teils so sehr gelobt wurde, dass man Cage für eine Oscar-Nominierung vorschlug (er war sogar für den Critics‘ Choice Movie Award nominiert, dem Preis der Filmkritiker), ein gletscherlangsames, gemächliches Werk, und als solches eher bei Chloe Zhao und Jane Campion einzuordnen. Sensibel inszeniert der bis dato unbekannte Sarnoski die Gebrochenheit des Verlorenen und offenbart erst nach und nach, aus welchem Umfeld Cages Waldbewohner eigentlich kommt, wieso er sich dort niedergelassen hat, und was ihm das Schweinchen bedeutet. In diesen Feinheiten liegen die wenigen Stärken des Films, die nur inhaltlich leider nicht gestützt werden.

Cage wird in letzter Zeit häufiger für seine ungewöhnliche Rollenwahl belächelt, vor allem wenn er wie in „Mandy“ im Blutregen steht oder in „Willy’s Wonderland“ (einem „Five Nights at Freddy’s“ Rip-off) Kirmesfiguren vermöbelt, doch trotz aller Indie-Projekte muss man ihm lassen, dass er sich interessante, mutige Projekte raussucht, und in fast allem immer klasse ist. Hier gilt das einmal mehr.

Leider ist „Pig“ als Gesamtgericht, pardon, Gesamtpaket nicht so wirklich erfolgreich, denn abgesehen von der gelungenen Subtilität hat das Ding nicht allzu viel zu bieten. Die restlichen Figuren sind minimalistisch gehalten und fallen blass aus. Nate Wolff aus dem „Death Note“ Remake spielt den Sohn eines Gangsterbosses, und weder er noch Papa vermögen es, Eindruck zu hinterlassen. Die Regie ist handwerklich gut, wenn auch alles schmodderlich braun schmutzig ausschaut, aber die Schwächen offenbaren sich beim tieferen Buddeln. Kaum rollen die Credits, wundert man sich, dass das schon alles gewesen ist. Oft wirft man Dramen vor, dass „ja nichts passiert“, doch hier kann man das tatsächlich mal sagen.

Sicherlich würde es der Regisseur so auslegen, dass alle Aktionen und Taten im Film nicht wichtig sind, dass es primär um die Betrachtung der umworfenen Gefühlswelt des Hauptcharakters geht, der eben mal kein unsterblicher Superkrieger a la Wick ist und hier Realistischeres erlebt, aber als Experience ist „Pig“ trotz Cages sichtlicher Stärken insgesamt zu leer. Besser gemacht haben das beispielsweise „Valhalla Rising“ oder „The Chaser“.

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Fazit:

Wer sich bei Rachefilmen generell an den, nun ja, Racheaspekten oder der Ausübung dieser stört, kommt hier auf seine Kosten. Cage selbst ist klasse, die Regie kann theoretisch was, doch inhaltlich passiert einfach viel zu wenig, um an der Stange zu bleiben.

4/10

Autor: Christian Mester

Dieser Filmenthusiast (*1982) liebt es, manchmal auch mit Blödsinn, Leute für Filme zu begeistern. Hat BG im Jahr 2004 gegründet und ist dann für Pressevorstellungen, Interviews und Premieren viel rumgereist, hat als Redakteur u.a. für GameStar geschrieben, war dann mal Projektleiter in einer Werbeagentur mit Schwerpunkt dt, Kinostarts und - schaut gerad vermutlich schon wieder was.

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