BG Kritik: „Squid Game“ (Netflix)

5. Oktober 2021, Christian Mester

Der Welterfolg aus Korea! „Hunger Games“ meets „Running Man“ meets „Saw“ meets „Das Millionenspiel“ meets „Nerve“ meets „Battle Royale“. Der Protagonist ist Gi-Hun (Lee Jung‑jae), ein mittelloser Glücksspieler, der einmal mehr um sein Leben rennen muss, als Kredithaie seine tiefen Schulden eintreiben wollen. Kurz darauf trifft er einen mysteriösen Mann im Anzug, der ihn auf ein scheinbar einfaches Spiel einlädt, und kurz darauf erwacht er neben über 400 anderen Pechvögeln in einer Art Kaserne. Maskierte Soldaten mit PlayStation Symbolen bedrohen die Menge und eine ominöse Stimme erzählt, dass Sie nun an 6 Spielen teilnehmen können – wenn sie möchten. Dem Gewinner winken umgerechnet rund 40 Millionen Dollar, doch allen Verlierern… droht der Tod.

Regie: Hwang Dong-hyuk
Besetzung: Lee Jung-jae, Jung Hoyeon

Originell ist das Konzept gewiss nicht, aber Regisseur Hwang Dong-hyuk macht was Großartiges draus. Schon die erste der insgesamt 9 Folgen spielt gekonnt mit allen Erwartungen und zeigt, dass sich das Ding nicht nur um eine rasche Abfolge tödlicher Spiele dreht. Überraschend charakterbezogen wird auf die rund ein halbes Dutzend Hauptfiguren eingegangen, die verschiedene Hintergründe haben. Einer ist ein gewalttätiger Gangster, ein anderer ein alter, womöglich dementer Mann. Eine stille junge Frau ist eine Taschendiebin, während eine vorlaute ältere Frau alles dran setzt, zu überleben. Sang-woo ist ein glatter Geschäftsmann, der Gi-Hun aus seiner Kindheit kennt und nicht wahrhaben will, dass trotz höherer Klasse zu den gleichen Leuten gehören soll; weiterhin spielt ein Pakistani mit, der sich als schüchterner Außenseiter zu behaupten versucht.

Und dann ist da noch ein junger Polizist, der es schafft, sich früh abzusetzen und hinter den Kulissen des Spiels nach den Verantwortlichen zu suchen.

© Netflix – Screenshot aus offiziellem Trailer https://www.youtube.com/watch?v=oqxAJKy0ii4

Die Filmidee mag zwar etwas stumpf klingen, doch die Menschen im Spiel verhalten sich allesamt recht authentisch und zeigen, was Überlebenswille und Panik verursachen kann. Plötzlich weiß man nicht mehr, wem man trauen kann. Stets ist unklar, ob das nächste Spiel Vertrauen und Teamwork fordert, oder fies gegeneinander ausspielt, ob man sich einander helfen oder sich gegenseitig Chancen nehmen soll.

Dass die frühen Charakterszenen ebenso wichtig wie wirksam sind, zeigt sich spätestens bei den Spielen, die alle aus simplen Kinderspielen bestehen. Diese zu beschreiben wäre nicht ganz fair, da es stets überrascht, was zu tun ist und wie leicht man verlieren kann (das titelgebene Squid Game ist übrigens ein koreanisches Kinderspiel, das wie alle anderen kurz erklärt wird. Ein Tintenfisch, also Squid, kommt leider nicht vor). Jedes der Spiele ist in der blutigen Erwachsenenversion jedoch ungemein spannend und man fiebert gebannt mit, wer überleben mag – insbesondere wer von den Hauptfiguren. Trotz der Länge von 9 langen Episoden wird es dabei nie langweilig oder repetitiv, und auch wenn man einige Enthüllungen früh absehen mag und eine finale Überraschung schon fast abgekupfert wirkt, hat die Serie genug eigenen Charme und Biss, um nie wie ein einfaches Imitat zu erscheinen.

In Sachen Ausstattung ist die Location eine Mixtur aus kunterbunter Kinderwelt, Turnhalle und edlen Hintergründen, die nicht von ungefähr öfters Mal an Level der Hitman-Spiele erinnern. Trotz der (anfangs) vielen Mitspieler verliert man den Überblick nicht.

Fazit:
Spannend, dramatisch, manchmal blutig, klasse gespielt und fesselnd bis zum Schluss. „Squid Game“ demontiert den kürzlich erschienen „Saw: Spiral“ (BG Kritik) und beweist sich als hervorragende Einladung.

9/10

Autor: Christian Mester

Dieser Filmenthusiast (*1982) liebt es, manchmal auch mit Blödsinn, Leute für Filme zu begeistern. Hat BG im Jahr 2004 gegründet und ist dann für Pressevorstellungen, Interviews und Premieren viel rumgereist, hat als Redakteur u.a. für GameStar geschrieben, war dann mal Projektleiter in einer Werbeagentur mit Schwerpunkt dt, Kinostarts und - schaut gerad vermutlich schon wieder was.

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