„Game of Thrones“ Macher adaptieren chinesische Sci-Fi „Die drei Sonnen“ für Netflix

2. September 2020, Christian Westhus

Die „Game of Thrones“ Serienmacher David Benioff und D.B. Weiss nehmen sich für Netflix dem chinesischen Science-Fiction Roman „Die drei Sonnen“ (intl. „The Three-Body-Problem“) und dessen Fortsetzungen an.

Heyne Verlag

Romanautor Liu Cixin ist mittlerweile auch in Deutschland viel gelesen und bekannt. Die in China produzierte Adaption seine Kurznovelle „Die wandernde Erde“ zeichnete sich zwar nicht zuletzt durch brachiale Effekte und einen etwas übermütigen Physik-Ansatz aus, fand aber durch Netflix ein Publikum außerhalb Chinas und legte damit den Grundstein für diese Serienumsetzung des bisherigen Hauptwerks des Autors.

„Die drei Sonnen“ (三体 | Sān tǐ; Englisch „The Three-Body-Problem“) ist der mit dem Hugo-Award ausgezeichnete erste Teil der Trisolaris-Trilogie, gefolgt von „Der dunkle Wald“ und „Jenseits der Zeit“. Es geht um den Erstkontakt und Konflikt mit einer fernen außerirdischen Bevölkerung, die in einem System mit drei Sonnen leben. Durch die chaotischen Bahnverläufe (auf das physikalische Dreikörperproblem verweisen der chinesische und englische Titel, weniger genau der deutsche) auf Trisolaris werden die dortigen Zivilisationen wieder und wieder vernichtet und ausgelöscht. Doch die jüngste Trisolaris-Zivilisation konnte sich dennoch bis ins Zeitalter der Weltraumerforschung entwickeln und hat nun die Erde als möglichen Ersatzplaneten ins Auge gefasst. Im Zentrum der Handlung stehen aber zunächst die Menschen auf der Erde, wo ein Bogen geschlagen wird von der Kulturrevolution in China in den 1960ern bis in die Gegenwart und darüber hinaus.

Gage Skidmore, Benioff + Weiß ComicCon 2013, CC-BY-SA-2.0

Nun wollen David Benioff und D.B. Weiss „The Three-Body-Problem“ als große Sci-Fi Serie entwickeln. Es ist das erste große Projekt aus dem rund 200 Mio. Dollar schweren Vertrag, den Benioff/Weiss (in Onlinekreisen oftmals D&D genannt) mit Netflix schlossen. Doch die einst populärsten und erfolgreichsten Serienmacher der letzten Jahre, denen bei HBO und Disney (sie sollten eine große neue Star Wars Reihe entwickeln) der große Teppich ausgerollt wurde, blicken auf ein paar turbulente Jahre zurück. Nicht nur kostete das hochgradig kritisch aufgenommene GOT-Finale viel Anerkennung, vermutlich Nerven und letztendlich (zumindest in Teilen) auch das Star Wars Engagement, schon zuvor scheiterte mit „Confederate“ ein angekündigtes und dann schnell gestrichenes Projekt bei HBO. Im Stile von „The Man in the High Castle“ sollte es um eine alternative Historie gehen, in der die Südstaaten den amerikanischen Bürgerkrieg gewonnen hatten. Mit einem realen Präsidenten Trump am Steuer der gegenwärtigen USA sorgte die Aussicht auf diese Geschichte, konzipiert von zwei weißen Männern, für massive Kritik und Zweifel.

Ein Teil dieser Skepsis und Ablehnung schwappte nun auch im Zuge dieser Ankündigung durchs Internet. Die Trisolaris-Trilogie ist nicht einfach nur chinesische Science-Fiction, sondern durchzogen von zentralen und konkreten chinesisch-kulturellen und historischen Verweisen und Einflüssen. Da gingen vielerorts die Warnlichter an, als die Namen Benioff und Weiss fielen. Das kreative Duo muss sich den Fan-Zuspruch, den man auf dem popkulturellen Höhepunkt von „Game of Thrones“ noch besaß, wieder erarbeiten. Offenbar hat man aber aus den – auch öffentlichkeitswirksamen – Fehlern von „Cofederate“ gelernt, denn die Netflix-Ankündigung stellte einige zusätzliche Mitarbeiter heraus. So fungieren nicht nur „The Last Jedi“ und „Knive’s Out“ Regisseur Rian Johnson, Brad Pitts „Plan B“ Produktionsstudio und „Gone Girl“ Schauspielerin Rosamund Pike als Produzenten, auch hat man Autor Liu Cixin selbst in vage-beratender Form dabei, der sich schon einmal zuversichtlich zum Projekt äußerte. Auch der chinesisch-amerikanische Autor Ken Liu, der zwei der drei Romane mit großer kultureller Aufmerksamkeit ins Englische übersetzte, ist mit an Bord. Und bei aller berechtigten Kritik zum Ausgang von GOT waren Benioff/Weiss doch immer dann am besten, wenn sie auf die fundierte Basis eines Romans zurückgreifen konnten. So könnte es auch hier sein.

Quelle:
Deadline.com

Noch ist all dies Zukunftsmusik und wird noch mindestens zwei Jahre in Anspruch nehmen, bis man sich ein Bild von „The Three-Body-Problem“ machen kann. Eigentlich Zeit genug, um mal die Romane kennen zu lernen. Oder wer ist mit der Geschichte bereits vertraut und wahlweise begeistert oder skeptisch ob der Beteiligten? Oder gilt grundsätzlich, einfallsreiche Sci-Fi auf dem Niveau und mit dem Budget von „Game of Thrones“ sei immer gern gesehen? Diskutiere darüber im Forum.

Autor: Christian Westhus

Ein echter Ostwestfale. Gebürtig aus einer kleinen Doppelstadt, die niemand kennt, studierte Literatur in einer Stadt, die es angeblich nicht gibt (Bielefeld). Arbeitet seit 2006 für BereitsGesehen, schreibt Kritiken und Kolumnen, gehört zum Podcast Team und ist einmal im Monat beim KultKino in Lippstadt zu sehen.

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