„Gotham“: Kritik zur Episode „Viper“ (S01E05)
In der Folge „Viper“ der US-Serie „Gotham“ macht im Fall der Woche eine neue Droge den Detectives Jim Gordon (Ben McKenzie) und Harvey Bullock (Donal Logue) das Leben schwer. Bruce Wayne (David Mazouz) macht sich derweil daran, einen genaueren Blick auf Wayne Enterprises zu werfen.
Vorweg: Dieser Artikel enthält Spoiler zum Handlungsverlauf der Episode.
Schema F?
Ein neuer Fall der Woche, weitere Entwicklungen beim Mob, viel Bruce Wayne und ein Kurzauftritt von Selina Kyle (Camren Bicondova) und Edward Nygma (Cory Michael Smith). Orientiert sich Gotham zu sehr am Schema F?
Was durchaus auffällt: So ziemlich jede Episode läuft nach demselben Schema ab und nicht alle Handlungsstränge wissen dabei zu überzeugen. Der „Schwachpunkt der Woche“ findet sich wieder einmal beim Bösewicht der Woche, einem ehemaligen Angestellten der Firma WellZyn (ein Zweig von Wayne Enterprises). Stan Potolsky (Daniel London) verteilt eine seltsame grüne Droge auf den Straßen Gothams, die sich „Viper“ nennt und ein Vorläufer des uns bekannteren „Venom“ ist, welches ein gewisser Bane so gerne inhaliert. Die Droge, die in den Labors von WellZyn entwickelt wurde, verleiht für ein paar Stunden enorme Kräfte, endet für den Benutzer aber tödlich. Stan geht dabei über Leichen und setzt sich zum Ziel, das Zeug für einen großen Anschlag gegen Wayne Enterprises zu benutzen – mit der Unterstützung seines ehemaligen Mentors Isaac Steiner (Peter Maloney).
Viele unschuldige Tote (das Leben der Straßenkids ist in Gotham wirklich nicht einfach – erst die Kidnapper vom Dollmaker, jetzt kostenlos verteiltes Viper) und ein Anschlag, der die Angestellten von Wayne Enterprises dezimieren soll – der große Plan von Stan wirkt wenig durchdacht, hinterhältig und ziemlich sinnlos in Anbetracht der Tatsache, dass er aufdecken möchte, woran WellZyn da arbeitet. Nachvollziehbarer wäre es gewesen, wenn er sich an die Presse oder an die Polizei gewendet hätte, um den Skandal an die große Glocke zu hängen. Zugegeben, die Chance, dass er damit bei einem korrupten Reporter oder Cop gelandet wäre, ist relativ hoch. Dennoch hätte man auf die Art mehr erreichen können und hätte Stan nicht als Schurken abgestempelt.
Der Einsatz der Droge wiederum verleiht der Folge einen mehr comichaften Stil, der dieses Mal stärker präsent ist als in den Vorfolgen und gerne weiterverfolgt werden darf. Denn durch solche Merkmale hebt sich Gotham von sonstigen Crime-Procedurals etwas ab und schlägt einen eigenen Pfad ein.
Auffällig beim dieswöchigen Fall ist aber wieder einmal, wie einfach Gordon dem Bösewicht auf die Schliche kommt – da reicht ein Blick auf ein Bild des ehemaligen Angestellten von WellZyn mit seinem Mentor und die Erwähnung von Altruismus aus, um gleich auf die richtige Spur zu kommen. Zur Abwechslung könnte durchaus Bullock mal einen Geistesblitz haben oder die Fälle über mehrere Folgen gestreckt werden. Da hätte sich mit Stan einiges angeboten, wenn er sich beispielsweise gleich an Gordon gewendet hätte. So bleibt der Fall ein kurzweiliges Vergnügen und rückt lediglich WellZyn und Molly Mathis (Sharon Washington) ein wenig in den Vordergrund.
Bruce Wayne
Durch das Arkham-Projekt, das seine Eltern in die Wege leiten wollten und an dem nun sowohl Carmine Falcone (John Doman) als auch Salvatore Maroni (David Zayas) beteiligt sind, kommt Bruce auf die Idee, sich Wayne Enterprises doch einmal näher anzuschauen und wälzt die Akten. Machte es anfangs noch den Eindruck, dass vielleicht Maroni hinter dem Attentat auf Bruce’ Eltern stecken könnte, wird mit dieser Episode die Möglichkeit aufgezeigt, dass höhere Angestellte von Wayne Enterprises etwas damit zu tun haben könnten. Denn so ganz sauber ist die milliardenschwere Institution der Waynes nicht, wie wir nun wissen.
Diese Ermittlungen führen Bruce unter anderem zu Molly Mathis und nach diesem Abenteuer macht sich Alfred (Sean Pertwee) ebenfalls daran, einen genaueren Blick auf die Akten zu werfen. Damit wird dieser Handlungsbogen in eine Richtung gelenkt, die vielversprechend erscheint und könnte in Zukunft gut mit Gordons Arbeit verwebt werden.
Noch eine Anmerkung: Der Name „Mathis“ wird bei Comic-Kennern an eine Version des Dollmakers (Barton Mathis) erinnern. Der Dollmaker wurde zwar in der zweiten Episode bereits angekündigt, aber ob Molly damit in Verbindung steht, lässt sich noch nicht absehen.
Fish Mooney
Fish (Jada Pinkett Smith) bereitet Liza (Mackenzie Leigh) auf ihren Einsatz vor. Ihr Plan, Falcone einen Spion ins Lager zu setzen, geht somit einen weiteren Schritt voran und tatsächlich gelingt es Liza gegen Ende der Folge, die Aufmerksamkeit des Mobsters auf sich zu ziehen.
Wie das Ganze in Szene gesetzt wurde, mutete allerdings etwas merkwürdig an und kam nicht wirklich überzeugend rüber. Da sitzt Carmine also allein irgendwo rum, keine Spur von Schergen oder Leibwächtern? Aha, wenn das jemand wie Maroni wüsste. Und wie Liza sich ihm präsentiert erregt keinerlei Verdacht bei ihm? Soso, da sind die Erinnerungen an Mama Falcone also ein großer Schwachpunkt des Mobsters, der sich hier gänzlich anders verhält als man es von ihm gewohnt ist. Da hätte man sich durchaus mehr Mühe geben können, um die beiden zusammen zu bringen.
An anderer Stelle lernen wir außerdem Nikolai (Jeremy Davidson) kennen, den neuen Gespielen und Verbündeten von Fish Mooney. Während sie vor den Augen von Falcone streiten, planen sie später gemeinsam seinen Sturz. Dieser Teil war da schon gelungener und lässt baldige Aktionen erwarten, die Falcone zusetzen dürften.
Oswald Cobblepot
Oswald (Robin Lord Taylor) stößt diese Woche beim Versuch, Maroni weiter unter die Arme zu greifen, auf Widerstand. Durch seine langen Ohren bekommt er Wind davon, dass Sal einen Einbruch in das Casino von Falcone plant und bietet schnell seine Hilfe an – er kenne jemanden, mit dem der Einbruch wesentlich vereinfacht werden könne.
Im Zuge seines Angebots muss er dann aber preisgeben, wer er ist und für wen er vorher gearbeitet hat. Die Reaktion auf diese Offenbarung – die etwas voreilig war – fällt dabei nicht so aus, wie Oswald es erwartet hätte. Stattdessen lässt Sal Jim herbeischaffen, der Oswalds Geschichte bestätigen soll.
Maroni bekommt dabei Gelegenheit, seine Zähne zu zeigen. Mutete Cobblepots Aufstieg innerhalb der Reihen von Falcones Konkurrenten bislang relativ einfach an, bekommen wir nun zu sehen, dass Sal sich keineswegs schnell um den Finger wickeln lässt und sich seine Position im Mob Gothams auch durch Rücksichtslosigkeit erarbeitet hat. Außerdem hat er jetzt ein Druckmittel gegen Gordon, sollte er in Zukunft einmal mit der Polizei aneinander raten.
Der erfolgreiche Überfall auf das Casino zeigt zudem, dass der Konkurrenzkampf zwischen Maroni und Falcone durch den Arkham-Kompromiss nicht aus der Welt ist. Sal gießt neues Öl ins Feuer und man darf gespannt sein, wie die Reaktion von Falcone aussehen wird.
Fazit: Abgesehen davon, dass sich das übliche Schema der Episoden etwas abgenudelt hat und der Fall der Woche nur okay war, gab es doch ein paar nette und vor allem vielversprechende Entwicklungen. Die Serie wird sich in Zukunft aber anstrengen müssen, denn nach oben bleibt noch viel Luft.
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