Riesenbudget und Re-Shoots: noch viel Arbeit für den #Snydercut

25. September 2020, Christian Westhus

Der so genannte Snyder Cut von „Justice League“ (2017), inzwischen als „Zack Snyder’s Justice League“ im Umlauf, war ohnehin schon ein einzigartiger Sonderfall der Film- und TV-Geschichte. Doch man ist noch lange nicht am Ende der Fahnenstange angelangt. Das Budget für die Nachbearbeitung des eigentlich zum größten Teil abgedrehten Films stieg von den ursprünglich spekulierten $30 Millionen auf nun angebliche $70 Millionen, u.a. da – anders als ursprünglich angekündigt – doch noch einmal Dreharbeiten mit der prominenten Hauptbesetzung anfallen.

© Warner Bros.

Nach der Ankündigung, der SnyderCut solle als vierteilige Miniserie irgendwann 2021 bei HBOMax (in Deutschland vermutlich Sky) erscheinen, und einem ersten Trailer zum Projekt ging man eigentlich davon aus, man müsse nun nur noch geduldig sein, ehe man dieses ungewöhnlich Re-Cut- oder Director’s Cut- oder Wasauchimmer-Projekt zu Gesicht bekommt. Obwohl Snyder seit zweieinhalb Jahren davon spricht, einen „finished cut“ zu haben, also eine fertige Schnittfassung (ohne fertige Effekte), geht es für Ben Affleck, Henry Cavill und Gal Gadot alias Batman, Superman und Wonder Woman noch einmal für eine Woche (oder mehr) vor die Kameras, so berichtet der Hollywood Reporter.

Das ist nicht schlimm und in gewisser Weise sogar leicht zu erklären, konnte Snyder 2017 doch bekanntlich nicht sämtliche Szenen seiner Vision drehen, ehe er aufgrund privater Umstände das Projekt verlassen musste. Noch dazu soll nicht eine einzige von Joss Whedon gefilmte Szene verwendet werden, was logisch und konsequent erscheint. Doch diese Re-Shoots sind ein weiterer Makel im Antlitz dieser abstrakten Idee, der Filmemacher habe seit damals auf einem quasi-fertigen filmischen Schatz gesessen, der nur darauf wartete, mit der Außenwelt geteilt zu werden. The Wrap (Klick für das „beste“ Vorschaubild aller Zeiten) will über einen ungenannten Insider erfahren haben, dass nicht zuletzt durch diese zusätzlichen Dreharbeiten das Budget für „Zack Snyders Justice League“ von $30 auf $70 Millionen gestiegen sind. Dies ist das zusätzliche Budget, addiert zu den $250+ Millionen, die die damalige Produktion verschlangen, bei denen Snyder je nach Auslegung rund 90% seines Scripts abgedreht hatte. Mit $70 Millionen könnte man so manchen großen Film noch einmal von Grund auf neu drehen.

Zusätzlich verkompliziert wird die Sache dadurch, dass Cyborg-Darsteller Ray Fisher für die Re-Shoots eingeplant ist. Kompliziert, da Fisher seit einigen Wochen im öffentlichen Clinch mit Warner Bros. liegt. Der Darsteller, dessen Figur ursprünglich mal einen eigenen Solo-Film erhalten sollte, warf Joss Whedon gravierendes Fehlverhalten, Unprofessionalität und Missbrauch am Set während der damaligen Re-Shoots 2017 vor. Zudem sollen, so Fisher weiter, die Warner Executives Jon Berg und Geoff Johns – beide nach dem Flop der JL-Kinoversion nicht mehr beim Studio angestellt – Whedons Verhalten gedeckt oder gar unterstützt haben. Warners ließen die Vorfälle untersuchen, wiesen aber weitere Aussagen Fishers von sich. Der gesamte Sachverhalt ist noch brandheiß und offen. Das hat Folgen, denn nicht nur hat Joss Whedon die Sci-Fi Serie „The Nevers“ bei HBO (ergo Warner) in Arbeit, auch sollte Cyborg eine erweiterte Rolle im „The Flash“ Film spielen. Sollte, denn angeblich wurden Cyborgs Szenen in „The Flash“ bereits auf ein laut Script minimales Cameo reduziert.

Es bleibt also ein wilder Ritt mit der Entwicklung des SnyderCuts. Es ist erstaunlich, wie viele zeitliche und finanzielle Mühen Warner bzw. HBOMax in dieses Projekt investieren. Womöglich können wir uns schon jetzt auf eine „Behind the Scenes“ Dokumentation zu „Justice League“ freuen, wenn in X-Jahren einer Art „Jodorowsky’s Dune“ entsteht und wirklich erklärt, was damals vorgefallen war, welche Szenen bereits gedreht wurden und was Snyder mit dem Wissen von 2020 hinzugefügt hat. Das macht den gesamten Sachverhalt noch immer außerordentlich spannend, doch so langsam will man „Zack Snyder’s Justice League“ auch einfach mal sehen, was für ein Ungetüm oder Wunderwerk es auch immer sein mag. Oder nicht?

Autor: Christian Westhus

Ein echter Ostwestfale. Gebürtig aus einer kleinen Doppelstadt, die niemand kennt, studierte Literatur in einer Stadt, die es angeblich nicht gibt (Bielefeld). Arbeitet seit 2006 für BereitsGesehen, schreibt Kritiken und Kolumnen, gehört zum Podcast Team und ist einmal im Monat beim KultKino in Lippstadt zu sehen.

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