Madonna führt Regie bei Biopic … über ihr eigenes Leben

16. September 2020, Christian Westhus

Wird es Eitelkeit oder die selbstbewusste Selbstkritik des Alters? Musikikone Madonna soll auf Basis eines Drehbuchs von Oscargewinnerin Diablo Cody („Juno“) einen biographischen Film über ihr eigenes Leben inszenieren. Kann das was werden? Und wenn ja, was?

© Madonna / Warner Music Group

Es wirkt wie eine Sommerloch-News. Oder eine Corona-Loch News. Variety hat die bestätigte Ankündigung eines Projekts, welches zunächst eigenwillig und eigensinnig klingt, obwohl es grundsätzlich nur eine Frage der Zeit war, bis Madonnas Leben den Weg auf die Kinoleinwände der Welt finden würde. Für Universal tun sich Madonna und Diablo Cody zusammen, um das Leben des 1958 in Michigan als Madonna Louise Ciccone geborenen Weltstars und Multitalents filmisch nachzuerzählen. Konkret soll Madonnas Durchbruch zum Superstar in den 80ern aufgegriffen werden, ungefähr von „Like a Virgin“ bis zum Musicalfilm „Evita“ (1996). „Ich möchte diese unglaubliche Reise vermitteln, auf die das Leben mich mitgenommen hat. Eine Reise als Künstlerin, als Musikerin, als Tänzerin – als Mensch, der seinen Weg in dieser Welt zu machen versucht“, erklärte Madonna das Filmprojekt.

Klar, es ist nicht unüblich, dass Künstler an ihrem eigenen Biopic beteiligt sind. Elton John war als ausführender Produzent an „Rocketman“ beteiligt, Brian May und Roger Taylor hatten deutlichen Einfluss auf „Bohemian Rhapsody“. Und Ice Cube produzierte „Straight Outta Compton“ u.a. mit Kollege Dr. Dre selbst und besetzt seine eigene Rolle mit seinem leiblichen Sohn O’Shea Jackson Jr. Doch, dass ein Star seine eigene verfilmte Lebensgeschichte in so zentraler Position selbst mitgestaltet, dürfte einmalig sein. Über die Ähnlichkeiten von Lady Gagas bisheriger Karriere zu ihrer Rolle in „A Star is Born“ kann man nur spekulieren und streiten. Eminem spielte in „8 Mile“ eine unmissverständliche Quasi-Version seines Lebens, aber eben ohne die Figur Eminem (oder Marshall Mathers) zu nennen. Das bisher beste Beispiel dürfte Regisseur und Tanz-Ikone Bob Fosse der 1979 Roy Scheider in „All that Jazz“ („Hinter dem Rampenlicht“) zu seinem Alter Ego machte und sein eigenes Image, Werk und Leben nach allen Regeln der Kunst grandios auseinander nahm. Doch auch Fosse versteckte das Autobiographische hinter fiktiven Namen und Figuren.

(Fun Fact: Dieses – legendäre! – Video wurde von einem gewissen David Fincher inszeniert. Genau der David Fincher.) Die etwas vorschnelle, jedoch nicht ganz von der Hand zu weisende Erkenntnis von „Rocketman“ und „Bohemian Rhapsody“ lässt vermuten, dass Künstler ihr öffentliches Image und ihre Selbstwahrnehmung im Zweifelsfall eher etwas beschönigen und begradigen wollen, statt Selbstkritik zu üben. Nicht jeder ist ein Bob Fosse, der in „All that Jazz“ nun wirklich keine Gnade kannte. Madonna war bisher nicht unbedingt für ihre Bescheidenheit und Selbstkritik bekannt, doch die Anwesenheit von Diablo Cody („Juno“, „Taras Welten“, „Young Adult“, „Tully“), eine der spannendsten und cleversten Autorinnen unserer Zeit, insbesondere was Frauenrollen betrifft, könnte ein Mutmacher sein.

Ein weiteres Problem könnte Madonnas bisherige Regiekarriere sein, denn ihre bisherigen Regiearbeiten – ganze zwei an der Zahl – kamen gelinde gesagt nicht besonders gut an. Ihr Debüt, das Comedy Drama „Filth and Fury“ (2008), wurde als ambitioniert, aber konfus und generell misslungen beschrieben. „W.E.“ (2011), welches die andere Seite aus „The King’s Speech“ erzählt, nämlich die Affäre von King Edward und Wallis Simpson, gilt als visuell verspielt, aber inhaltlich flach, wurde bei der Premiere in Venedig größtenteils verspottet und ist seitdem nicht unbedingt auffällig im Ansehen gestiegen. Doch natürlich ist nicht auszuschließen, dass Madonna rund neun Jahre später, mit einem Diablo Cody Script als Basis und im Metier ihres eigenen Lebens die für sich perfekte Kombination gefunden hat, um als Regisseurin zu funktionieren.

Variety.com

Was kann man davon halten? Kann es nur Eitelkeit sein? Oder könnte dieser direkte Einfluss des Stars selbst der Pluspunkt für dieses Biopic sein? Wer sollte Madonna spielen? Kann es jemand anderes sein als Anya Taylor-Joy? Welches ist euer Madonna Lieblingslied? Und warum kann es nur Vogue sein? Im Forum sprechen wir darüber.

Autor: Christian Westhus

Ein echter Ostwestfale. Gebürtig aus einer kleinen Doppelstadt, die niemand kennt, studierte Literatur in einer Stadt, die es angeblich nicht gibt (Bielefeld). Arbeitet seit 2006 für BereitsGesehen, schreibt Kritiken und Kolumnen, gehört zum Podcast Team und ist einmal im Monat beim KultKino in Lippstadt zu sehen.

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