BG Kritik: „Only Murders in the Building“ (Disney+)

11. Oktober 2021, Christian Mester

Zwei Dinosaurier und ein Popstar als Schnüffler in einer Disney (eigentlich Hulu) Miniserie? Altstars Steve Martin (76) und Martin Short (70) ermitteln hierzulande zusammen mit Jungspund Selena Gomez auf Disney+. Im Mittelpunkt steht ein Mord in einem Hotelkomplex, den die drei für einen Podcast zu lösen versuchen.

Serienidee: Steve Martin und John Hoffmann
Besetzung: Steve Martin, Martin Short, Selena Gomez, Amy Ryan, Sting

In den 80ern und 90ern war Steve Martin, der vielleicht berühmteste Medienmann mit gänzlich weißen Haaren, einer der angesagtesten US-Comedians, mit regelmäßigen Erfolgsfilmen wie „Vater der Braut“, „LA Story“ und „Roxanne“, ehe es in den 2000ern so langsam ruhiger wurde, insbesondere in der letzten Dekade. Mit „Only Murders in the Building“ meldet er sich nun zurück und wagt sich mit seinem selbsterdachten Konzept prinzipiell auf dünnes Eis. Er spielt Charles Haden Savage, einen ehemaligen Fernsehdarsteller, der zusammen mit anderen illustren Gestalten dauerhaft in einem antiken Hotel wohnt und eines Tages von einem ungelösten Mord in besagten vier Wänden erfährt. Als True Crime Podcastenthusiast will er den Fall entsprechend lösen und einen eigenen Podcast dazu veröffentlichen; dem schließen sich zwei Nachbarn an, Oliver Putnam (Short), ein exentrischer ehemaliger Theaterregisseur, sowie die junge, mysteriöse Mabel (Gomez).

Zwei über 70jährige Podcastfans auf Mördersuche? Klingt im ersten Moment nach einer fürchterlich konstruierten Peinlichkeit, die durch den Einsatz von US-Teen- und Popstar Selena Gomez auch noch erzwungen jüngere ansprechen soll. Der Eindruck täuscht jedoch, denn da stecken durchaus mehr Qualitäten drin, als zunächst angenommen. Ein großer Vorteil ist, dass sich die beiden Martins schon seit Ewigkeiten kennen, dicke Freunde sind und zusammen Stand-up-Comedytouren unternommen haben – man merkt, dass beide großen Spaß daran hatten, die Serie zu machen und neben fantastischer Chemie auch exzellentes Timing haben. Auch ist kein Klamauk a la „Pink Panther“ zu erwarten, denn trotz leichten Tons bleibt die Serie stets bodenständig. Dann wäre da der Fakt, dass beide trotz jeweils riesiger Erfolge mittlerweile Has-Beens sind, das aber auch gezielt Teil ihrer Figuren ist.

So hat Steve Martins Figur eine mittelmäßig erfolgreiche Copserie gehabt und danach nie wieder was – dennoch hält er sich bis heute für eine Berühmtheit und zitiert seine Rolle unentwegt, in der Hoffnung, dafür Anerkennung zu kriegen, und lebt zurückgezogen einsam und allein, weil er sich nicht traut, mehr zu unternehmen. Martin Short hingegen, der hauptsächlich in den USA für seine Auftritte bei Saturday Night Live bekannt ist, spielt einen überschäumend fröhlichen Bühnenregisseur, dessen gesamte Karriere den Bach runterging, als er ein Musical zum Tom Hanks Film Splash inszenierte und die Aufführung zum Disaster wurde. Wie auch bei Martins Figur liegen ernste Probleme vor, denn hinter all dem Grinsen und Gewitze steht Oliver kurz davor, rausgeschmissen zu werden, da er pleite ist.

© Hulu – Screenshot aus offiziellem Trailer https://www.youtube.com/watch?v=-V1rQdXXXyI

Gerade weil die beiden Figuren an der Oberfläche gänzlich unterschiedlich sind, insgeheim aber ähnlich leiden, funktionieren sie hervorragend zusammen. Amüsant ist auch, dass immer wieder tiefer verschiedenes referenziert wird, wie etwa Steve Martins Bluegrass-Karriere oder dessen Film „Roxanne“, indem beispielsweise The Police Sänger Sting auftaucht, der den gleichnamigen Song gesungen hat. Nicht ganz so sehenswert ist indes Selena Gomez, die mit ihren wenigen Worten und Geheimnissen enigmatisch wirken möchte, oft aber desinteressiert ausschaut. In diversen Flashbacks wird sie dazu gebracht, intensiver zu spielen, zeigt da aber recht schnell die Grenzen ihres Talents. Am besten ist sie, wenn sie den beiden Alten Contra geben kann oder sie ihnen aufzeigt, inwiefern sie nicht mehr up to date sind.

Der Mordfall an sich ist nicht das stärkste Element, hat aber genügend Verdächtige (u.a. Sting, Nathan Lane und Amy Ryan aus „The Office“) und eine gelungene Spurensuche, sodass man stets neugierig bleibt. Die Kürze der rund 30 Minuten langen Episoden trägt auch dazu bei, dass das ganze angenehm kurzweilig bleibt. (Kritik bezieht sich auf die ersten 6 Folgen; insgesamt werden es 10 werden)

Fazit:
Ein eher leises Comeback von Steve Martin, aber gut ausgesucht, charmant und lebhaft. Gerne mehr!

6/10

Autor: Christian Mester

Dieser Filmenthusiast (*1982) liebt es, manchmal auch mit Blödsinn, Leute für Filme zu begeistern. Hat BG im Jahr 2004 gegründet und ist dann für Pressevorstellungen, Interviews und Premieren viel rumgereist, hat als Redakteur u.a. für GameStar geschrieben, war dann mal Projektleiter in einer Werbeagentur mit Schwerpunkt dt, Kinostarts und - schaut gerad vermutlich schon wieder was.

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