Kinostart Spotlight: „Onward“ und seine Pixar-Vorgänger

11. März 2020, Daniel Schinzig

Mit „Onward“ läuft aktuell der neue Pixar-Streich in den Lichtspielhäusern. Einen ganz leichten Stand hat der Fantasy-Spaß nicht: Schon als der erste Trailer rauskam, hörte man überall davon, dass das doch so gar nicht nach einem Film der beliebten Animationsschmiede ausschaut, sondern eher nach einem Werk der Konkurrenz wie Dreamworks. Doch wie kommt das? Was macht denn eigentlich einen Pixar-Film aus? Und warum ist das offensichtlich schon auf den ersten Blick zu erkennen? Schauen wir im dieswöchigen KINOSTART SPOTLIGHT doch einfach mal auf die bisherige Pixar-Filmografie und begeben uns auf Spurensuche.

Jede neue Kinowoche bringt zahlreiche neue Filme in die Multiplexe und Programmkinos des Landes. Manchmal ist die Auswahl derart groß und unübersichtlich, dass man den Überblick verliert. Beim „Kinostart Spotlight“ werfen wir einen Blick auf einen ausgewählten Neustart der anstehenden Kinowoche und auf eine Besonderheit dieses Films. Die Filmographie eines Regisseurs, die Eigenheiten eines Genres, die Buch- oder Comicvorlage. Diese Woche: „Onward“ und seine Pixar-Vorgänger.

© Disney

TOY STORY (1995, Regie: John Lasseter)
Der Anfang. Der Beginn von allem! Nicht nur haute Pixar hier ihren ersten abendfüllenden Spielfilm raus, sondern den ersten abendfüllenden komplett computeranimierten Spielfilm überhaupt. John Lasseter vollbrachte hier nicht weniger als eine Pionierleistung und schrieb Filmgeschichte.
Eine Leistung, die nicht ohne Ankündigung kam. Mehr als ein Jahrzehnt zuvor veröffentlichten die Mitarbeiter von Pixar, damals noch unter dem Namen The Graphics Group, ihren ersten CGI-Kurzfilm: „Die Abenteuer von André und Wally B.“. Es folgten in den darauffolgenden Jahren weitere Kurzfilme, seit 1986 dann auch unter dem noch heute bekannten Namen. In diesem Jahr erschien mit „Die kleine Lampe“ – besser bekannt als „Luxo Jr.“ – auch der Kurzfilm, dem Pixar sein ikonisch-knuddeliges Maskottchen, das vor jedem Film durch das Firmenlogo hüpft, verdankt. Als 1995 dann aber in Kooperation mit Disney der erste lange Spielfilm erschien, sorgte diese technische Wunderleistung für offene Münder. Ja, die Menschen sahen auch für damalige Verhältnisse unbeholfen klobig aus und neigten zu gruseligen Gesichtsausdrücken. Aber was sind schon Menschen in einem Film, der voll und ganz dem Spielzeug gehört? Und die Cowboys, Weltraumhelden, Dinosuarier und Kartoffelköpfe sahen (und sehen auch heute noch) sensationell gut aus, plötzlich waren auch Perspektiven und rasante Kamerafahrten möglich, von der der klassische Trickfilm nur träumen konnte. Ist „Toy Story“ also nur auch heute noch in aller Munde, weil er aus technischer Sicht die Filmwelt für immer verändert hat?
Mitnichten. Denn Lasseter ist (war?) vor allem ein grandioser Geschichtenerzähler mit viel Feingefühl für seine Charaktere. Erwachsene Themen wie Neid und Eifersucht werden mit einer betörenden Leichtigkeit erzählt. Die Story um Lieblingsspielzeug Woody, der seinen Status durch das neue, sich für einen echten Weltraumhelden haltende Spielzeug Buzz Lightyear bedroht sieht, dient nicht einfach dazu, Gag an Gag zu reihen. Kurz: Hier steckt eine Extraportion Herz drin und die Charaktere wirken nicht nur wegen der neuen Animationsart dreidimensional.
Pixar-Faktor: 10/10

DAS GROßE KRABBELN (1998, Regie: John Lasseter, Andrew Stanton)
Spricht man über Pixar, spricht man erstaunlich wenig über „Das große Krabbeln“. Dabei nimmt das Ameisenabenteuer eine enorm wichtige Stellung ein: Regisseur John Lasseter bewies, dass Pixar mit „Toy Story“ kein One-Hit-Wonder lieferte, sondern man erst am Anfang eines langen Weges stand. Und direkt war man nicht mehr der einzige Kämpfer im Ring: Fast zeitgleich brachte der heutige Hauptkonkurrent Dreamworks seinen ersten Spielfilm in die Kinos, der – oh Wunder – auch Ameisen in die Hauptrollen steckte. Ein Schelm, wer böses denkt. Vielleicht ist diese Doppelgänger-Thematik der Grund, weshalb sich Pixars Krabbler nicht so fest im popkulturellen Gedächtnis verankern konnten. Wahrscheinlich erinnern Ameisen in den Hauptrollen aber auch eher an das typische „sprechende Tiere“-Szenario, das weitaus weniger originell daherkommt wie Spielzeug, Monster oder Emotionen. Wie dem auch sei: Aufwendigere und vielfältigere Kulissen, eine wunderbare Heldengeschichte und ganz viel Slapstick machen „Das große Krabbeln“ zu einem großen Spaß. Doch zu einem Stellenwert wie die Spielzeugfiguren hat es nie gereicht.
Pixar-Faktor: 7/10

TOY STORY 2 (1999, Regie: John Lasseter)
Die Spielzeugfiguren wurden dann nur ein Jahr später wieder rausgeholt. Eigentlich war „Toy Story 2“ seitens Disney nur als Heimkino-Fortsetzung angedacht. Doch die Story überzeugte, so dass Pixar wieder für die große Leinwand produzieren sollte. John Lasseter wiederum war so gar nicht überzeugt, ließ alles über Bord werfen und entwickelte den gesamten Film innerhalb von 9 Monaten von vorn. Kann in einer solch kurzen Zeit etwas Gutes entstehen? Ja, es kann! „Toy Story 2“ vereint die Tiefe und Herzlichkeit des Vorgängers mit dem erhöhten Slapstick-Faktor sowie neuesten technischen Möglichkeiten. Cowboy Woody auf Identitätssuche: Das war ein erneuter Volltreffer für das Animationsstudio.
Pixar-Faktor: 10/10

DIE MONSTER AG (2001, Regie: Pete Docter, David Silverman, Lee Unkrich)
Erstmals war John Lasseter nicht als Regisseur dabei. Das Regie-Trio Docter, Silverman und Unkrich – zwei dieser Namen werden noch häufiger auftauchen – sorgte dann gleich für frischen Wind, bevor dem alten Sturm überhaupt die Puste ausging. Ein jedem Kind bekanntes Horrorszenario wurde auf den Kopf gestellt: Was wäre, wenn die Monster unterm Bett oder im Schrank eigentlich genauso Angst vor den Menschenkindern haben? Simpel wie genial. Und wieder wurde aus dieser eigentlich einfachen und doch so noch nie dagewesenen Prämisse ein Maximum an Kreativität herausgeholt. Doch manchmal droht die pure Masse an einfallsreichen Gags die durchaus vorhandene Tiefe zu überrollen, schlittert „Die Monster AG“ haarscharf an einer puren Slapstick-Show vorbei. Das ist eventuell der Grund, weswegen, gerade seinerzeit, die Animations-Comedy einer der beliebtesten Trickfilme war.
Pixar-Faktor: 8/10

© Disney

FINDET NEMO (2003, Regie: Andrew Stanton, Lee Unkrich)
Pixar ist auf den Fisch gekommen. Mit ihrem fischigen Familienfilm sind die Amerikaner nicht baden gegangen. Stattdessen wartete der nächste Meilenstein auf die Filmemacher. „Findet Nemo“ war einer der beliebtesten Filme 2003 und ist auch heute noch nahezu jedem Menschen jeden Alters ein Begriff. Was das Abenteuer so besonders machte? Die volle Pixar-Magie war zu finden. Heißt: Im Mittelpunkt standen die Charaktere und ihre Entwicklung, speziell hier eine Vater-Sohn-Beziehung, die sich durch Überbesorgtheit des Vaters und Abnablung des Kindes auszeichnete. Dazu kamen – im Gegensatz zur „Monster AG – genau im richtigen Maße verrückte Einfälle und Gags. Und mit der Umsetzung der Unterwasserwelt setzte man auch gleich neue Maßstäbe. Es kristallisierte sich auch raus: Nicht nur der technischen Raffinesse wegen war ein Pixarfilm schon optisch von der Konkurrenz zu unterscheiden. Auch die Farbgebung, die ganze Atmosphäre war anders, spezieller, hochwertiger. Spätestens mit „Findet Nemo“ war klar: Wer einen Pixarfilm schaut, schaut etwas besonderes.
Pixar-Faktor: 10/10

DIE UNGLAUBLICHEN (2004, Regie: Brad Bird)
Brad Bird hat mit seinem „Der Gigant aus dem All“ zuvor ein spätes Meisterwerk des klassischen Zeichentrickfilms erschaffen. Sein erster Beitrag für Pixar sollte ebenfalls bahnbrechend sein: Das erste Mal standen Menschen im Mittelpunkt der Erzählung. Karikaturhafte Menschen, übercartoonisierte, keine Frage. Aber Tiere, Monster und Spielzeug hatten erst einmal frei. Dazu passend servierte uns Bird eine Superheldengeschichte, die uns mit alltäglichen familiären Problemen konfrontierte. Er machte Midlife-Crisis zu einem Hauptthema eines Familienfilms, stellte moralische Fragen, spielte auf alte Bondfilme an, zitierte die gesamte Entwicklung des Superheldencomics. Dazu lieferte Komponist Michael Giacchino, der ebenfalls zum ersten und lange nicht letzten Mal einen Pixarfilm vertonte, seine bis heute unerreichte Meisterleistung, einen mitreißenden Mix aus epischem Superhelden-Score und verspieltem Jazz. Bis heute einer der besten Pixar- und einer der besten Superheldenfilme.
Pixar-Faktor: 10/10

CARS (2006, Regie: John Lasseter, Joe Ranft)
Nach „Findet Nemo“ und „Die Unglaublichen“ musste es beinahe zwangsläufig qualitativ abfallen. Dennoch war das Naserümpfen der Erwachsenen deutlich zu spüren, als John Lasseter erstmals seit „Toy Story 2“ wieder Regie übernahm und in eine kunterbunte Autowelt entführte. Man muss klipp und klar sagen: Die Kinder lieben es bis heute. Und die Merchandising-Verkäufe sorgten und sorgen für eine nicht zu verachtende Geldquelle, was auch der Hauptgrund für die beiden Nachfolger darstellt.
Ja, „Cars“ war platter und naiver als alles, was Pixar zuvor machte. Doch wer genauer hinschaut, erkennt noch viele Zutaten, die einen Pixarfilm so unverkennbar machen. Die Emotionen stimmen, das Design der Charaktere und Umgebungen ist extrem einfallsreich, die Entwicklung von Rennwagen Lightning McQueen ist bewegend umgesetzt. Aber Regisseur Lasseter ist eben auch oft auf überraschend klischeehaften Pfaden unterwegs. Und das fällt, gerade nach den unmittelbaren Vorgängerfilmen, deutlich auf.
War das eventuell schon eine Auswirkung auf Geschehnisse hinter den Kulissen? Denn die Pixarianer wollten den Vertrag mit Disney auslaufen lassen. Ein Wechsel in der Disney-Führungsetage mischte die Karten aber neu. Die Walt Disney Company übernahm Pixar. Hatte dieser Schritt Auswirkungen auf die freie kreative Entfaltung der Animations-Künstler?
Pixar-Faktor: 6/10

RATATOUILLE (2007, Regie: Brad Bird, Jan Pinkava)
Dann kam Brad Birds zweiter Streich und die Unkenrufe waren vergessen. Die Geschichte um Ratte Rémy, die besessen von Essen war und in Paris mit der Hilfe eines Menschenjungen zum gefeierten Koch aufstieg war so herrlich anders als alle anderen bisherigen Animationsfilme, dass „Cars“ schnell vergessen und auch das anspruchsvollere Publikum wieder mit dabei war.
Pixar-Faktor: 10/10

© Disney

WALL E – DER LETZTE RÄUMT DIE ERDE AUF (2008, Regie: Andrew Stanton)
Ähnlich sah es bei „Wall E“ aus. Was hätte man aus einem Animationsfilm über einen Roboter für einen Klamauk machen können. Doch „Findet Nemo“-Regisseur Andrew Stanton bewies Mut und präsentierte uns eine recht heftige Dystopie, in der die Menschen den zugemüllten Planet verlassen mussten. Harter Tobak.
An dieser Stelle sei eine kleine schinzigsche Abschweifung erlaubt: „Wall E“ war eine meiner ersten Blu-Rays und einer der Gründe, weshalb ich mich direkt in HD-Auflösung verliebt habe. Alleine die erste Kamerafahrt über den dreckigen Planeten mit all seinen Müllbergen war auf der Thematik wegen perverse Art und Weise wunderschön. Jeder einzelne Müllwürfel war zu erkennen und ließ umso deutlicher werden, dass Pixar erneut eine technische Meisterleistung vollbracht hatte. Schinzigsche Ausschweifung Ende.
Sicher waren einige Eltern und Kinder verwundert, dass es in der ersten Hälfte des Films nahezu keinen Dialog gibt. Denn nein, das entsprach auch vor 12 Jahren nicht den gängigen Sehgewohnheiten, die damals schon eher Richtung Hyperaktivität gingen. Insbesondere der erste Part von „Wall E“ ist aber nichts für Menschen mit kurzer Aufmerksamkeitsspanne. Und für diesen Mut gebührt Stanton unfassbar viel Dank. „Wall E“ möchte gelesen werden, damit die ganze Tragik erkennbar wird. Dann erzählt er uns von Umweltverschmutzung, von menschlicher Ignoranz und Verantwortung, von Einsamkeit und Menschlichkeit. Der kleine Aufräumroboter Wall E ist vielleicht trotz seines mechanischen Äußeres die menschlichste aller Pixar-Figuren.
Auch die tonale Änderung nach Halbzeit schadet dem Film nicht. Ja, es wird bunter, verrückter, zugänglicher, jedoch nicht oberflächlicher. Die Thematik bekommt sogar noch eine weitere Dimension und führt uns (un)menschliche Dekadenz vor Augen. Selbst im Abspann möchte uns „Wall E“ etwas erzählen. Ein Meisterwerk bis zum letzten Buchstaben.
Pixar-Faktor: 10/10

OBEN (2009, Regie: Pete Docter)
Pixar auf dem künstlerischen Höhepunkt seines Schaffens und nicht mehr zu stoppen? Der Beginn von „Oben“ gehört mit zum Besten, was der Animationsfilm zu bieten hat. Begleitet von Michael Giacchinos traumhaftem Score sehen wir ohne große Worte, nur in Bildern erzählt, die Liebesgeschichte von Carl und Ellie. Vom ersten Treffen bis zum traurigen Tod der geliebten Frau. Gänsehaut. Große Kunst. Leider lässt der Film im weiteren Verlauf ein paar Federn. Und spätestens wenn Hunde in Flugzeugen angreifen ist der Bogen überspannt. Es sind nur wenige Augenblicke, die dafür sorgen, dass „Oben“ kein durch und durch gelungenes Meisterwerk ist. Keiner dieser Momente sorgt dafür, dass der Fokus der Erzählung, unter anderem Desillusionierung von Idolen und eine herzhafte „Alter Mann findet durch überdrehten Jungen zurück ins Leben“-Geschichte, in Vergessenheit gerät. Aber das Gesamtbild wird ein wenig getrübt. Gerade nach dem sensationellen Auftakt. Und doch steigen wir immer wieder mit größtem Vergnügen und feuchten Augen in das fliegende Haus.
Pixar-Faktor: 9/10

TOY STORY 3 (2010, Regie: Lee Unkrich)
Beginn der Fortsetzungsoffensive: Bis auf „Toy Story 2“ lieferte Pixar nur Originalstoffe. Ein Alleinstellungsmerkmal. Die nächste Fortsetzung der Animationsschmiede machte aus Pixars einzigen Zweiteiler eine waschechte Trilogie. Und was für eine. Die Zeit ist auch innerhalb der „Toy Story“-Welt nicht stehen geblieben. Andy, der Besitzer der Spielzeuge, ist erwachsen geworden. Dementsprechend lautet ein Leitmotiv: Abschied von der Kindheit. Wer mit „Toy Story“ aufgewachsen ist und während der letzten Minuten des dritten Teils keine Tränen in den Augen hat, muss ein überharter Hund sein. Das perfekte Ende einer nahezu perfekten Reihe. Oder?
Pixar-Faktor: 10/10

CARS 2 (2011, Regie: John Lasseter, Brad Lewis)
Mit „Toy Story 3“ voll ins Schwarze getroffen, mit „Cars 2“ voll daneben gehauen. Sagen wir es frei heraus: Der Film taugt nichts. Die Idee, die auf Rennen ausgelegte „Cars“-Welt mit einer Agentengeschichte zu verbinden, ist an den Haaren herbeigezogen, es gibt kaum Herz und Emotionen, alles wirkt generisch. Der erste wirkliche Pixar-Ausrutscher und ein Einschnitt: Ab jetzt sollten die Animationszauberer nicht mehr mit den gleichen Augen gesehen werden. Die Könige wurden gestürzt. Kurz zuvor stiegen die Konkurrenten von Dreamworks mit „Drachenzähmen leicht gemacht“ auch noch zu ungeahnter Stärke auf. Fand hier ein Umbruch statt? Die wahre Tragik ist aber noch eine ganz andere: Dass Regisseur John Lasseter, diese einst so unbeschreiblich wichtige Figur bei Pixar, „Cars 2“ verbrochen hat, ließe sich als Ausrutscher verschmerzen – wenn danach noch was gekommen wäre. Doch es sollte die letzte Regiearbeit für Pixar sein. Es begann mit „Toy Story“, es endete mit „Cars 2“. Nach diversen Skandalen ist Lasseter nun auch nicht mehr Teil des Pixar- und Disneyteams.
Pixar-Faktor: 3/10

© Disney

MERIDA – LEGENDE DER HIGHLANDS (2012, Steve Purcell, Mark Andrews, Brenda Chapman)
Wäre auf „Cars 2“ ein Highlight gefolgt, hätte Pixar wohl nie seinen Status als Animationsplatzhirsch verloren. Aber es kam „Merida“. Ein guter Film. Nicht mehr. Nicht weniger. Aber auch einer, an dem sich kaum noch einer erinnert. Und der optisch und inhaltlich so nah an Werken der Disney Animation Studios war, dass er kaum als Pixarfilm anerkannt wurde. Kann man machen. Muss man nicht. Aber schöne Bilder gab’s.
Pixar-Faktor: 6/10

DIE MONSTER UNI (2013, Regie: Dan Scanlon)
Bleiben wir doch einfach durchschnittlich: „Die Monster Uni“ war ein Prequel und erzählte, wie sich Mike und Sulley, die „Monster AG“-Protagonisten, kennenlernten. Nett und lustig, aber auch generisch und unnötig. Lediglich in den letzten 15 Minuten schimmert plötzlich die Pixar-Magie durch: War bis dahin alles bunt und locker-leicht, kommen auf einmal bis dahin nur am Rande angedeutet Themen komplett durch. Dazu passend wirken die Bilder entsättigter und realer. Eventuell wird hier besonders deutlich, was Pixar im besten Fall von anderen Hollywood-Mitbewerbern unterscheidet: Das Ernstnehmen von Emotionen, das Spüren der ganzen Tragik hinter Geschichten und Schicksalen, die Fähigkeit, im entscheidenden Moment den entscheidenden Schritt auch zu gehen und auch das junge Publikum ernstzunehmen, ihm etwas zuzutrauen. Dadurch, dass „Die Monster Uni“ eine ganze Zeit lang diese Zutaten vermissen lässt, wirken sie umso mehr, wenn sie am Ende kurz durchblitzen.
Pixar-Faktor: 6/10

ALLES STEHT KOPF (2015, Regie: Pete Docter, Ronaldo del Carmen)
Wir hatten in den Jahren zuvor also drei Fortsetzungen und ein durchschnittliches Original. Fünf Jahre lang stand Pixar somit nicht mehr für Originalität, das Studio verschwand allmählich aus der Favoritenliste der Gourmet-Zuschauer. Dann kam „Alles steht Kopf“. Das melancholische Meisterstück schien aus allen Poren zu schreien: „Seht her, wir können es noch immer!“ Mit Leichtigkeit und doch facettenreich und tiefgreifend setzt sich Regisseur Pete Docter mit dem Innenleben eines Mädchens auseinander, lässt die Gefühle zu Figuren werden und findet fantastische, bunte, surreale und tieftraurige Bilder für komplexe Gefühlslagen.
Pixar-Faktor: 10/10

© Disney

ARLO & SPOT (2015, Regie: Peter Sohn)
Im selben Jahr wie „Alles steht Kopf“ ging „Arlo & Spot“ unter und war der erste wirkliche kommerzielle Fehlschlag für Pixar. Dabei ist es bei weitem nicht das schlechteste, was die Filmemacher zu erzählen hatten. Die Dinosaurier haben sich entwickelt, die Menschen sind wild geblieben. Eine nette Idee, die in eine gefühlvolle und mit einigen sehr düsteren Momenten versehene Story eingebettet war. Es mag nur zum oberen Mittelfeld im Pixar-Ranking reichen, aber man sollte dem Abenteuer eine Chance geben.
Pixar-Faktor: 7/10

FINDET DORIE (2016, Regie: Andrew Stanton)
Der Auftakt einer weiteren kleinen Durststrecke. Natürlich musste es irgendwann eine „Findet Nemo“-Fortsetzung geben. Und nach dem riesigen „John Carter“-Flop war wohl niemand glücklicher über das grüne Licht für die fischige Fortführung als Regisseur Andrew Stanton. Aber anders als bei der „Toy Story“-Reihe merkt man einfach, dass ein weiterer Teil unnötig war. Zwar bemüht sich Stanton, erneut eine emotionale Reise als Motor der Geschichte zu liefern. Aber irgendwann regiert das cartoonige Chaos. Spätestens, wenn die Fische mit dem Auto in eine abstruse Verfolgungsjagd geraten, fühlt man sich wie in einem x-beliebigen, überdrehten Animationsspaß irgendeines Studios. Schade.
Pixar-Faktor: 5/10

CARS 3: EVOLUTION (2017, Regie: Brian Fee)
Der dritte Teil von „Cars“ musste wohl ebenfalls kommen. Nicht, weil irgendjemand ernsthaft davon überzeugt ist, dass die filmische Qualität der Vorgänger eine Trilogie rechtfertigen würde. Aber die Marke am Leben zu halten bedeutet gutes Geld aufgrund großartiger Merchandise-Verkäufe. Also darf Lightning McQueen ein weiteres Abenteuer erleben. Das beste, was man darüber sagen kann: Der Agentenquatsch des zweiten Teils wurde elimiert, es geht zurück zum eigentlichen Thema: Rennen fahren. Und so gibt es mit McQueen, der langsam einsehen muss, zum alten Eisen und nicht mehr zu den aufstrebenden Jungspunden im Sportgeschäft zu gehören, wenigstens wieder einen vernünftigen Aufhänger.
Pixar-Faktor: 4/10

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COCO – LEBENDIGER ALS DAS LEBEN (2017, Regie: Lee Unkrich, Adrian Molina)
„Toy Story 3“-Regisseur Lee Unkrich verarbeitet den mexikanischen „Tag der Toten“ und behandelt auf familientaugliche Art und Weise Themen wie Tod, Selbstverwirklichung und familiären Zusammenhalt. Das sorgt direkt mehrmals für große Gänsehaut und Melancholie, oftmals aber auch dank des rhythmischen Soundtracks mit vielen mexikanischen Einflüssen für wahnsinnig gute Laune. Da ist er: Der nächste Volltreffer im Pixar-Repertoire.
Pixar-Faktor: 10/10

DIE UNGLAUBLICHEN 2 (2018, Regie: Brad Bird)
Ganz so punktgenau ins Schwarze getroffen hat Brad Bird mit seiner späten Fortsetzung zum Superhelden-Hit „Die Unglaublichen 2“ nicht. Aber auch nicht weit daneben. „Die Unglaublichen 2“ ist ein sehr guter Film mit phänomenalen Actionszenen und einer erneut großartig funktionierenden Familiendynamik. Aber thematisch übernimmt sich Bird ein klein wenig und einige Szenen wirken wie von Disney geforderte Fremdkörper. So mag der Kampf zwischen Baby Jack-Jack und einem Waschbären ein komisches Highlight darstellen, doch so ganz fügt sich dieses doch sehr überdrehte Puzzlestück nicht in das große Ganze ein. Dafür ist es ein wahrer Genuss, Familienoberhaupt Bob als überforderten Hausmann zu sehen.
Pixar-Faktor: 8/10

A TOY STORY: ALLES HÖRT AUF KEIN KOMMANDO (2019, Regie: Josh Cooley)
„Toy Story 3“ war der perfekte Abschluss. Dann kam „Toy Story 4“ (der ja zum Glück auch überall auf der Welt „Toy Story 4“ heißt, weil alles andere ja schwachsinnig wäre…) und bewies: Es gab da noch etwas zu erzählen. Es bleibt nicht viel mehr zu sagen, außer dass „Toy Story“ eine absolute Ausnahme-Filmreihe darstellt.
Pixar-Faktor: 10/10

© Disney

AUSBLICK
Was macht den Pixar-Faktor aus? Nach über 20 Jahren sind die Animations-Pioniere immer dann am besten, wenn sie ernste, mitunter schwere und komplexe Themen in ihren Abenteuern verarbeiten. Wenn sie sich kompromisslos ihren Figuren hingeben können. Wenn das Hollywood-Korsett ein klein wenig aufgebrochen werden kann und man eine ungeahnte Tiefe hinter den bunten Bildern erkennt. In ihren besten Momenten lassen die Künstler bei Pixar auch heute noch die direkten Hollywood-Konkurrenten wie Dreamworks oder Blue Sky hinter sich und bieten wirkliche Filmkunst unter der cartoonigen Oberfläche. Allerdings: Die Zeiten, in denen jeder Pixarfilm einen neuen Meilenstein versprach, sind vorbei. Doch zu rechnen ist mit Pixar noch immer: Und wenn auf einen „Cars 3“ ein „Toy Story 4“ folgt, oder auf einen „Merida“ ein „Alles steht Kopf“, ist die Pixarwelt noch in Ordnung. Dass in diesem Jahr gleich zwei Pixar-Originale und keine Fortsetzung anstehen, ist ein gutes Zeichen. „Onward“ läuft bereits. Richtig spannend wird es ab dem 1. Oktober 2020. Denn mit „Soul“ steht das neue Projekt von „Alles steht Kopf“-Regisseur Pete Docter auf dem Plan. Das metaphysische Abenteuer entführt uns ins Seelenleben eines Jazzmusikers. Klingt nach einem neuen Pixar-Meisterwerk. Oder?

Was ist deine Meinung zu Pixar? Magst du Dreamworks oder andere Studios eventuell viel lieber? Was ist dein Lieblings-Pixarfilm? Und was wünscht du dir in Zukunft von den Effektkünstlern? Ab ins Forum mit dir.

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