Thinking of Things Ending – Der Jahresrückblick 2020
Es ist vollbracht. Das bei getDigital oder redbubble bestellte „I survived 2020“ (zum Beispiel in der erzählmirnix Version) Shirt kann herausgeholt und angezogen werden. Gönnen wir uns also einen Moment Pause, einen Moment des Durchschnaufens, denn „durch“ sind wir noch lange nicht. Sprechen wir also über Filme, über Kino, auch wenn der Ort Kino dieses Jahr irgendwie anders war. Wenn er überhaupt war. Aber ja, sprechen wir über Filme, über gute Filme, denn allen Umständen zum Trotz gab es auch 2020 ein Menge Sehenswertes. Man muss nur suchen und oftmals anders suchen, als man das in den letzten Jahren gewohnt war. 2020 fühlte sich an wie eine halbe Dekade und das Frühjahr 2020 scheint auf einem gänzlich anderen Planeten stattgefunden zu haben. „Parasite“ gewinnt Best Picture bei den Oscars? Das ist erst gut zehn Monate her. #GoodTimes.
Die ersten paar Wochen von 2020 begannen noch relativ normal und ließen auf ein spannendes, vielfältiges und hochqualitatives Kinojahr hoffen. Man vergisst nämlich auch gerne mal – und in einem Jahr wie diesem, äh pardon, in einem Jahr wie dem vergangenen vergisst man noch einmal schneller – dass man insbesondere hierzulande im Januar und Februar ein wenig zugeschmissen wird mit potentiell reizvollen und prestigeträchtigen Filmen. Die amerikanische Awards- und Oscar-Saison erstreckt sich für gewöhnlich von Oktober bis Weihnachten, erreicht Deutschland aber oftmals mit einigen Wochen Verspätung. Diese Überhang-Titel demonstrieren nicht nur anschaulich die noch immer anhaltende Verzerrung zwischen dem amerikanischen/internationalen Filmzirkus und dem deutschen „Kinojahr“, sondern unterstreichen auch noch einmal, wie arbiträr und letztendlich nichtig die Grenzen von Jahr X zu Jahr Y sind. Corona, das Big C, wird uns auch in 2021 noch begleiten. Noch eine ganze Weile. Und so sehr man den Abschluss von 2020 vielleicht zu einer zwanghaften „Fuck Off 2020 and never come back“ Befreiungsattitüde stilisieren will, hat dieser Gedanke eigentlich weniger Durchschlagskraft als ein durchschnittlicher Hashtag. Einen Virus interessiert es nicht, durch welches Kalenderjahr er gerade wütet. Noch dazu ist dieser Virus bekanntlich nach 2019 (!) benannt. Nicht zuletzt wollen wir 2020 auch nicht zu sehr verdammen, verspotten und in die hintersten Winkel unserer Erinnerung vertreiben. Denn wie gesagt: auch in 2020 gab es gute Filme. Mehrere sogar. Man musste nur ein wenig anders nach ihnen suchen und mit ihnen umgehen.
Das Kino bzw. die Kinos haben natürlich doppelt und dreifach unter den Umständen dieses Jahres gelitten. Auch das eigene Kinoverhalten wurde beeinflusst. Denn einige dieser sehenswerten Filme haben es tatsächlich in die Kinos geschafft. Doch Lockdowns kamen und gingen, die Sicherheitsfrage kam auf, man wollte sich nicht sofort in einen öffentlichen Raum stürzen. Die eigene Kino-Wahrnehmung war im Laufe der Monate abgestumpft. Darf man überhaupt? Sollte man überhaupt? Wenn ja und ja, was läuft überhaupt gerade? Das führte dazu, dass man – bzw. ich – selten direkt zum Eröffnungstag oder am Eröffnungswochenende im Kino aufkreuzte. Und manchmal, wie zum Beispiel mit einigen hochinteressanten Filmstarts Ende Oktober (Kajillionaire, Ema, Bohnenstange), wurde das Kinoleben eines Films durch neue Veränderungen der Umstände rasch beendet. Wer Ende Oktober nicht das kleine Fenster für diese Filme erwischt hatte, muss sich nun erst einmal für ein paar Wochen und Monate geduldig zeigen. Das ist bei Streaming einfacher.
Soll heißen: so ein paar potentiell gute Filme habe ich dieses Jahr verpasst. Und weitere gute Filme liegen vermutlich bisher unentdeckt in den Content-Bergen der großen Streamer verschüttet. Und dennoch: hier eine Auswahl der für mich besten Filme 2020. (Neben den erwähnten Oktobertiteln zähle ich noch „Little Joe“, „Undine“ und „Ein verborgenes Leben“ zu den verpassten Titeln, die auf dieser Bestenliste hätten landen können. Das Damengambit und Spuk in Bly Manor sind als Mini-Serien eine eigene Kategorie, aber beide sind großartig.)
Die 5 besten guten Filme 2020:
#5: Niemals Selten Manchmal Immer (Never Rarely Sometimes Always | R: Eliza Hittman)
Einer der wenigen Filme, die im Sommer und Herbst tatsächlich im Kino erwischt wurden. Vielleicht wird Eliza Hittmans Film daher eine größere Bedeutung beigemessen, aber eigentlich … nein, „Niemals Selten Manchmal Immer“ ist ein gleichermaßen guter wie wichtiger Film, der sein angeblich kontroverses Thema ganz subtil, unterschwellig und persönlich angeht. Schon die Entwicklung und die ersten Schritte dieser Reise, die zwei junge Frauen gemeinsam unternehmen, sind spannend und reich an bedeutungsvollen kleinen Details. Doch der Film zielt ganz auf die zentrale Sequenz ab, auf die der Titel verweist, und wirkt noch lange nach. Die Geschichte wirkt so lange nach, dass man vermutlich zunächst irritiert ist, wann und wie sie ihr Ende findet. Erst im Nachklang – so war es jedenfalls bei mir – wächst dieser leise bedeutungsvolle Film groß zusammen. (BG Kritik)
#4: Der schwarze Diamant (Uncut Gems | R: Josh & Benny Safdie)
Es gibt mehrere Richtungen, aus denen man sich diesem Film nähern kann, der zu den Meme-fähigsten Filmen der letzten Jahre geworden ist. Da wäre Hauptdarsteller Adam Sandler, der eine intensive, charakterstarke und facettenreiche Performance abgibt, die – wie schon damals „Punch Drunk Love“, nur anders – noch einmal in Erinnerung ruft, dass Sandler mehr kann als Blödelhumor. Vorausgesetzt er will und darf. Für diese Leistung hätte eine Oscarnominierung herausspringen müssen. Dann sind da die Safdie-Brüder („Good Time“) als Regisseure, die sich in den letzten Jahren als erzählerische und stilistische Genre-Querköpfe etablieren konnten und hier ihren vielleicht besten Film abliefern. Und dann ist da Netflix, wo diese Geschichte eines abgeranzten Schmuckhändlers, der sich um Kopf und Kragen spekuliert, das Licht der Welt erblickte. Es ist das immergleiche Problem mit dem Streaming: weltweit haben mehr Menschen die Möglichkeit, diesen Film zu sehen, aber im kaum kuratierten Content-Haufen geht ein Film wie dieser auch schnell unter oder – schlimmer noch – wird dem „Hubie Halloween“ Fan ohne weitere Erklärung als Nachfolgetipp empfohlen.
#3: I’m thinking of ending Things (R: Charlie Kaufman)
Was bei #4 über Netflix geschrieben wurde, könnte man auch hier einfügen. Nur, dass Regisseur und Autor Charlie Kaufman gezielt auf den großen Streamingdienstleister zugegangen war, um diese durch und durch Kaufman’eske Romanadaption zu stemmen. Niemand sonst, so das Argument, würde ihm diesen Film finanzieren und die notwendigen inszenatorischen Freiheiten einräumen. Und ja, „I’m thinking of ending things“ ist ein vertrackter, seltsamer, teils unangenehmer, teils unverständlicher Bilder- und Ideenreigen. Jedoch auch ein Reigen, dessen konzeptionelle Kernidee stetig konkreter und greifbarer wird, an Dimensionen und Lesarten gewinnt, selbst wenn man einen Pauline Kael Monolog nicht als solchen erkennt und mit dem Musical „Oklahoma“ nicht vertraut ist. Auch ohne diese Referenzen ist Kaufmans Arbeit zu speziell, zu direkt und zu effektiv, eifrig unterstützt von einem sensationellen Ensemble um Jesse Plemons, Jessie Buckley, Toni Collette und David Thewlis. Ein schwieriger und sperriger Film, ein echtes Unikat. Wer auf diese Umschreibung die Möglichkeit eines sehenswerten Films erkennt, sollte den Film sehen. (BG Kritik)
#2: Knives Out: Mord ist Familiensache (Knives Out | R: Rian Johnson)
Rian Johnsons vorigen Film ignorieren wir an dieser Stelle mal. (Zur Erinnerung: ich mochte ihn eigentlich.) „Knives Out“ ist nahezu perfektes Entertainment. Eine gleichermaßen unterhaltsame wie clevere Genre-Demonstration: ein waschechter Whodunit-Krimi, der sich selbst und sein Genre aber auch parodiert, analysiert, post-modern neu konstruiert, unverkennbare politische Dimensionen hinzufügt und dennoch losgelöst von alledem eine mörderisch spannende Angelegenheit mit ungemein lebendigen Figuren ist. Die Twists, Täuschungen und Offenbarungen sind nicht nur überraschend und klug arrangiert, sie bestärken den Film auch mit jeder neuen Entwicklung, verdeutlichen thematische Ideen oder das Innenleben der Figuren. Stilvoll und clever, ohne darin anmaßend oder didaktisch zu werden. Wie gesagt: annähernd perfekte Unterhaltung.
#1: Little Women (R: Greta Gerwig)
Manchmal hinterfrage ich mich selbst, ob ich inzwischen nur ein blinder Fanboy bin und Greta Gerwigs Filme plump abfeiere. Aber von nichts kommt nichts. Irgendwas macht die Autorin und Regisseurin Mal um Mal richtig, so dass ich begeistert, bewegt und künstlerisch inspiriert dasitze, selbst bei der Adaption eines Ur-amerikanischen Literaturklassikers, den ich in erster Linie durch eine 30+ Jahre alte Animeserienversion kenne. Es funktioniert einfach. Gerwigs neue Chronologie der Handlung, das simpel-effekte Color-Coding ihrer Zeitstränge, das perfekte Ensemble und eben dieses magische „Etwas“, mit dem ihre besten Momente zu so großen wie großartigen Erfahrungen werden – all dies gelingt in „Little Women“ gleich mehrfach. Es ist vielleicht nicht die perfekte Kino-Unterhaltung, doch am Ende obsiegt bei mir zumeist das Subjektive und Persönliche, auch wenn man es nicht immer genau beschreiben oder benennen kann.
#Zehn weitere tolle Filme:
1917 | Zwar bin ich noch immer davon überzeugt, dass Sam Mendes’ „1917“ besser wäre, würde sich der Film erlauben, hin und wieder einen wirklichen Schnitt zu setzen, statt krampfhaft an der One Shot Idee festzuhalten. Davon abgesehen ist es ein größtenteils erstklassig inszenierter, mitreißender und spannender Action-Thriller, der größere thematisch/politische Tiefen überwiegend ausspart, um eine ganz persönliche und subjektive Geschichte innerhalb einer historischen Kriegssituation zu erzählen.
Birds of Prey | Ja, wirklich. Natürlich ist „Birds of Prey“ nicht perfekt, aber gerade weil der Film auf den Trümmern eines so unfassbar miesen Films wie „Suicide Squad“ errichtet wurde, ist ein kleines Lob angebracht. Insbesondere in und durch die Figur Harley Quinn macht dieser Film nicht nur vieles besser, sondern einige Dinge richtig gut. Das mag mitunter mehr Schein als Sein, äh, sein, aber der Film hat Tempo, Flair und Stil, bietet ein paar wirklich erinnerungswürdige Actionszenen, oft cleveren Humor und konsequenten Umgang mit den Figuren. Ich bin nicht die erste Person, die diese Beobachtung macht, aber das Schicksal von Harleys Sandwich (und ihre Reaktion darauf) hat mehr Tragweite als so manch großer Emotionsmoment in anderen Superhelden- und Comicfilmen.
Borat Subsequent Moviefilm | Es soll ja Leute geben, die den ersten „Borat“ als reine Jackass-artige Komödie sehen und die satirisch-politischen Spitzen wenn überhaupt eher als zufälliges Extra wahrnehmen. Dies dürfte beim zweiten Teil schwieriger werden, der mit seiner konkreteren Narrative und einer unmissverständlicheren Rahmung eine Grundhaltung vorgibt. Und selbst wenn nicht: ein neuer Borat nach vier Jahren Trump – das ist weder ein Zufall noch unbeabsichtigt.
Da 5 Bloods | Nach seinem ersten Oscargewinn (für das Script von „BlacKkKlansman“) zog es auch Spike Lee zu Netflix, wo er ein vermeintliches Goldgräberabenteuer mit Kriegsthematik kombiniert und in seiner eigentlichen Absicht noch viel höher zielt. Ein Film, wie ihn nur Spike Lee drehen kann.
His House | Flüchtlingstragik als metaphorischer Haunted House Horror. Es ist ein gewagtes, aber zum größten Teil auch erfolgreiches Unterfangen, welches Regisseur Remi Weekes hier wagt. An den richtigen Stellen durchaus spannend und verstörend, ehe (zuweilen etwas verspielt) die eigentlichen Absichten deutlich werden. Auch hier: Netflix, mal wieder.
I’m your Woman | In den 1970ern angesiedeltes Prime Original als Krimi-Thrillerdrama um die Frau eines Kriminellen, die mit ihrem Kind eine Flucht antreten muss, da es Unbekannte auf ihren Mann – und damit auch auf sie – abgesehen haben. Stylisch und spannend, aber auch charakterlich komplex. Mit „Mrs. Maisel“ Rachel Brosnahan in der Hauptrolle.
Soul | Wagemutiger neuer Pixar-Film, der – wenn man so will – Konzepte aus „Toy Story“ um die Spielzeug-Metaphorik erleichtert und dafür ohne Rücksicht auf die Jüngsten im Publikum den existentialistischen Kern dieser Konzepte anbohrt. Und selbst diese Umschreibung wird dem Film eigentlich nicht gerecht.
Sound of Metal | Riz Ahmed als Punk-Metal Drummer, der sein Gehör verliert und sich nur schwer in seinem neuen Leben zurechtfindet, als er in einer Gruppe Gehörloser neue Umgangsformen erlernt und erprobt. Stark gespieltes Drama mit effektivem Sounddesign und einer enorm spannenden Hauptfigur. (Prime Video)
A Sun | Noch so ein Opfer des Netflix’schen Content Dumpings. Dieses hochkomplexe taiwanesische Gesellschafts- und Familiendrama wurde vom Streaminganbieter selbst vergessen, ehe amerikanische Kritiker zufällig darauf aufmerksam wurden, dass hier einer der besten Filme des Jahres ungeachtet herumlag. Es geht um eine kleine (oder auch nicht so kleine) Gewalttat und die vielseitigen Folgen, die daraus entstehen. Ein anschauliches „Wie das Leben so spielt“. Absolut sehenswert für geduldige Zuschauer.
Time | Außergewöhnliches Doku-Essay Drama. Eigentlich wollte Regisseurin Garrett Bradley den Kampf einer Frau um die Haftentlassung ihres Mannes nur begleiten, bis sie zahlreiche miniDV Tapes erhielt, die sich in den 20+ Jahren angesammelt hatten. So entsteht in freier, assoziativer und emotionaler Montage ein ausdrucksstarkes Panoptikum einer Frau, einer Familie, eines Systems und ganz nebenbei ein Beispiel nachvollziehbar gemachter Zeit. (Prime Video)
Der Unsichtbare | So geht Reboot. Durch eifrige Unterstützung von Studio Blumhouse und Regisseur Leigh Whannell wird Universals klassischer Charakter des Unsichtbaren ins 21. Jahrhundert gebracht. Ohne falschen Traditionalismus, ohne deplatzierte Blockbuster-Größe ist „Der Unsichtbare“ ein cleveres Update und auch für sich genommen ein (im besten Sinne) fieses und blendend inszeniertes Genre-Highlight.
#Und nicht zu vergessen: (noch ein paar nette Filme)
Die bunte Seite des Mondes | Ein chinesisch-amerikanisches Netflix Original und ein animiertes Jugendabenteuer-Drama-Musical über ein junges Mädchen, welches durch den Tod der eigenen Mutter den Entschluss fasst, zum Mond zu fliegen, um die Prinzessin einer Volkssage zu finden. Klingt wahlweise abstrakt oder übertrieben, könnte in ähnlicher Form aber auch ein Disney/Pixar Konzept sein. An ein klassisches Disney Renaissance-Musical erinnern dann auch (der Animationsstil und) die ersten Lieder, ehe es auf dem Mond in vielerlei Hinsicht rund geht. Auch musikalisch. Sicherlich narrativ und emotional nicht so ausgefeilt wie Pixar, aber auch keineswegs oberflächlich. Nicht zuletzt besitzt der Film auch einige der knuffigsten Animationsfilm Tier-Sidekicks seit langer Zeit.
Enola Holmes | Vielleicht sollten wir uns abgewöhnen, Filme, die „nur“ nett sind, vorschnell und überdeutlich abzustrafen. Natürlich steckt in einem solchen Film nicht selten Faulheit und Berechnung, doch in einem gewöhnlicheren Kinojahr spielen immer wieder kalkuliertere und substanzlosere Filme Unsummen ein. Warum wird ausgerechnet „Enola Holmes“ Ort für derartige Abschweifungen? Vielleicht nur Zufall. Vielleicht demonstriert der sympathische, solide unterhaltsame und etwas ungestüm ambitionierte Film eine Art Mindestmaß, welches populäre Unterhaltungsfilme anvisieren sollten. Vielleicht…
Jojo Rabbit | Ich persönlich brauche noch eine zweite Begegnung mit Taika Waititis wahlweise seltsamen oder mutigen Genre-Mix, um wirklich einschätzen zu können, wie dieses satirisch und parodistisch angehauchte Coming-of-Age Jugenddrama mit seiner NS- und Holocaust-Thematik wirklich funktioniert. Dass Waititi ein origineller, mutiger und begabter Filmemacher ist, steht außer Frage.
Mank | David Fincher kann keinen schlechten Film drehen. Also kann er bestimmt, tut er aber praktisch nicht. „Mank“ packt sich zuweilen mehr in den narrativen Einkaufskorb, als er zu tragen in der Lage ist, aber was hier angerissen wird und – wichtiger noch – wie es präsentiert wird ist technisch begeisternd und absolut sehenswert.
The Old Guard | Klar, wenn wir ehrlich sind ist dieser Film nichts Besonderes und selbst darin nur mittelmäßig gut. Aber Netflix versucht sich recht regelmäßig und häufig an eigenen, oftmals originalen Action/Fantasy Stoffen („Bright“, „6 Underground“, „Tyler Rake“, „Project Power“) und in dieser Gruppe ist „The Old Guard“ so ziemlich der einzige Film, dessen Fortsetzung ich mit einem gewissen Maß an Vorfreude entgegenblicken würde.
Onward: Keine halben Sachen | Ein Pixarfilm aus dem qualitativen Mittelfeld ist noch immer ein ausgesprochen guter Film. Über das Figurendesign kann man streiten und manchmal steht der Unterhaltungsaspekt zu sehr über anderen Aspekten, doch wenn der Film wirkt – ob in seiner emotionalen Familiengeschichte oder als schmissig inszeniertes und referentielles Abenteuer – dann wirkt „Onward“ so richtig.
Pinocchio | Wer mehr über bzw. von Pinocchio kennt als die Disney-Version (und selbst die ist nach heutigen Maßstäben ungewöhnlich und teils hochkontrovers) dürfte wissen, dass Carlo Collodis Kinderbuchfigur in seinen episodenhaften Lehr-Abenteuern einige seltsame und kuriose Erfahrungen und Begegnungen macht. „Gomorra“ und „Das Märchen der Märchen“ Regisseur Matteo Garrone setzt in seiner Filmversion genau dort an, nimmt Collodis Vorlage ernst und gibt sich ohne Scheu großer Verrücktheit hin, unterstützt von teils wirklich sensationellen Masken. Vielleicht etwas zu lang und etwas zu episodisch, aber am Ende in der Botschafter konsequenter als Disney und einfach seltsam im besten Sinne.
Tenet | Ein Film, der die Erwartungslast der Kinogänger 2020 beinahe alleine tragen musste. Das sorgte dann in beiden Richtungen für schwer zu behandelnde Erwartungen und/oder Reaktionen. Und so ganz neutral begegnet man einem neuen Christopher Nolan Film ja ohnehin nicht. „Tenet“ ist auf den bloßen Plot heruntergebrochen eine simple, ja fast flache Geschichte, möglichst kompliziert erzählt. Und ja, Nolan vermochte es in der Vergangenheit schon einmal besser, Emotionen, Themen oder zumindest echten Nervenkitzel aus seinen Konstrukten zu ziehen. Und dennoch ist „Tenet“ ein pompöser, großer, aufregender und mordsmäßig lauter Film, der enorm unterhalten kann.
Um ein Schnurrhaar | Ein Netflix Original Anime. Ein junges Mädchen erhält die magische Fähigkeit, sich in eine Katze zu verwandeln. Nur in dieser Form ist sie mutig genug, echten emotionalen Kontakt mit ihrem Schwarm aufzunehmen. Doch die Magie hat ungeahnte und gefährliche Konsequenzen. „Um ein Schnurrhaar“ ist technisch ordentlich und inhaltlich gelungen. Insgesamt vielleicht „nur“ Ghibli light, aber auch das ist allemal sehenswert.
Underwater | Genau die Art von Mid-Budget Genre-Entertainment ohne (zu konkrete) Vorlage, die es häufiger geben sollte. In einer Untersee-Forschungsstation kommt es zu einem Unglück. Beim Versuch der Überlebenden (u.a. Kristen Stewart), sich irgendwie zu retten, verhärtet sich bald der Verdacht, dass irgendetwas Tödliches im Wasser lauert. Inhaltlich flach, aber straight inszeniert und immerzu mit dem nötigen Etwas, um Spannung und Unterhaltung aufrecht zu halten. Und dann das Ende.
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