„Das Mädchen“: Stephen King Roman wird von „We need to talk about Kevin“ Regisseurin gedreht

17. November 2020, Christian Westhus

Stephen King und kein Ende. Nach dem unterwältigenden Ende von „Es“ und der finanziellen Enttäuschung von „Doctor Sleep“ hätte man denken können, der zwischenzeitliche King-Hype sei vorüber. Doch ein Blick auf aktuell in Produktion befindliche King-Adaptionen sorgt selbst abzüglich diverser Kurzfilme für einige Treffer. Im Dezember soll die Serienversion von „The Stand“ erscheinen, eine Miniserien-Adaption von „Love“ („Lisey’s Story“) wird gerade von Pablo Larraín gedreht, über eine Neuverfilmung von „Tommyknockers“ wird verhandelt und ein neuer „Talisman“ befindet sich in der Konzeptphase. Neu hinzu kommt nun „Das Mädchen“ alias „The Girl who loved Tom Gordon“.

Der 1999 (in Deutschland 2000) erschienende Roman handelt von der jungen Patricia McFarland, eine Neunjährige, deren Eltern sich gerade scheiden lassen. Bei einem Ausflug mit ihrer Mutter verirrt sich Patricia im Wald, irrt durch die Natur, nur mit einem mickrigen Proviant aus Süßigkeiten und Limonade ausgestattet. Mehrere Tage sucht das junge Mädchen nach einem Ausweg aus den schier endlosen Wäldern Neuenglands. Dabei hilft ihr ihre innere Stimme, die die Gestalt ihres Baseball-Idols Tom Gordon annimmt. Doch immerzu spürt Patricia in den Tiefen der Natur die Präsenz eines bösen „Dings“.

Anfang der 2000er liebäugelte „Zombie“ Ikone George A. Romera mal mit einer Verfilmung, die jedoch nie umgesetzt wurde. Nun wurde Lynne Ramsay als Regisseurin und Drehbuchautorin engagiert, wie Deadline.com berichtet. Mit weniger als 250 Seiten ist der Roman für King-Verhältnisse außergewöhnlich kurz, doch eine einfache Adaption dürfte „Das Mädchen“ dennoch nicht werden. Die Handlung ist stark auf Patricia und ihre subjektive, innere Wahrnehmung zugeschnitten, abstrahiert die Natur des Waldes zu intensiven Sinneseindrücken. In Kombination mit den „Selbstgesprächen“ zu imaginierten Figuren geht „Das Mädchen“ ähnlich schwer umzusetzende Wege wie „Das Spiel“. Schwer, aber nicht unmöglich. Eine spannende Herausforderung.

Ein Glück daher, dass Lynne Ramsay eine der besten und kreativsten Regisseurinnen unserer Zeit ist. Obwohl die Schottin erst vier Spielfilme abgeliefert hat, zeugt jeder einzelne von einer selten gesehenen Inszenierungsfreude, Kreativität und auch Radikalität. Mit „Wir müssen über Kevin sprechen“ nahm sich Ramsay bereits einem ähnlich komplizierten Roman an und lieferte mit dem zu wenig beachteten Joaquin Phoenix Thriller „A Beautiful Day“ („You were never really here“) den ausgefeilteren Vorläufer zu Phoenix‘ „Joker“. Das Drehbuch zu „Das Mädchen“ hat Ramsay in Zusammenarbeit mit Christy Hall bereits vorgelegt. Gedreht werden soll nächstes Jahr.

© Constantin Film

Deadline.com

Bei den gefühlt 300+ King-Verfilmungen der letzten Jahre gibt es tatsächlich noch unverfilmte Stoffe. Und das Buch lohnt sich – nicht nur, da es recht kurz ist. Ramsay scheint wie die Ideallösung, diesen schwer in Filmsprache zu übersetzenden Stoff anzugehen. Jeder neue Lynne Ramsay Film sollte große Neugierde wecken. Wer hat den Roman schon gelesen? Wie bewertet ihr Ramsays bisheriges Schaffen? Und gibt es noch andere unverfilmte King-Werke, die unbedingt mal verfilmt werden sollten? Teilt es uns mit…

Autor: Christian Westhus

Ein echter Ostwestfale. Gebürtig aus einer kleinen Doppelstadt, die niemand kennt, studierte Literatur in einer Stadt, die es angeblich nicht gibt (Bielefeld). Arbeitet seit 2006 für BereitsGesehen, schreibt Kritiken und Kolumnen, gehört zum Podcast Team und ist einmal im Monat beim KultKino in Lippstadt zu sehen.

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