Die BG Schocktober Halloween Filmtipps (Teil 5)

28. Oktober 2019, Michael Essmann

Der Sommer ist vorbei, der Herbst erhält Einzug. Die Tage werden kürzer, das Wetter ungemütlicher und die Temperaturen niedriger. Mit dem „Schocktober“ beginnt ein Monat, der häufig als Grund genutzt wird, zahlreiche Horrorfilme zu gucken, bis der ganze Spuk an Halloween seinen Höhepunkt findet und man sich langsam auf weihnachtliche Besinnlichkeit einstellt. Bei BereitsGesehen wollen wir die düsteren Wochen nutzen, um unheimliche und unheilvolle Filmtipps vorzustellen. Über die kommenden Wochen hinweg stellt die BG Redaktion eigens ausgewählte Horrortipps, spukige Klassiker und vergessene Highlights des Schaurigen vor.

Michael Essmanns Empfehlungen:
Ich liebe Horror. Mit all seinen Facetten, Untergenres und in sämtlichen Geschmacksrichtungen. Daher ohne lange Einleitung, direkt zu den Genrevertreter, die ich in diesem Jahr hier für erwähnenswert erachte. Manchmal, weil sie noch immer nachwirken, manchmal weil ich finde, dass diese mehr Aufmerksamkeit verdienen, vergessen wurden… Am Ende mehrheitlich aus diesem Jahrtausend, was aber mehr so kam, als dass es geplant war.
(Zu Teil 1Teil 2Teil 3 und Teil 4)

© Warner Bros. Entertainment

Trick ’r Treat – Die Nacht der Schrecken (2007)
Regie: Michael Dougherty | Mit Anna Paquin, Brian Cox, Lauren Lee Smith

Für wen Horror auch lustig sein kann und darf, der direkt und für ne kurze Zeit Kultstatus avanciert zu haben scheidende und dann gefühlt ebenso schnell vergessene „Trick ’r Treat.“ Wie kann es hier bitte keine deutsche Blu-ray von geben? Vier ineinander verwobene Geschichten einer Halloween Nacht, die bei jeder Sichtung mehr und mehr Details zu offenbaren scheinen. Dazu praktische Effekte, schwarzhumorig, blutig, ok gruselig, wendungsreich, mit fiesen Details und in kurzweiligen knapp 80 Minuten erzählt. Und das in einer Stadt, die aussieht wie Haddonfield aus „Halloween“. Wunderbar und genau das Richtige mit ner Schüssel Süßkram auf dem Schoß.

© Senator Film / Canal+ España

Sleep Tight (2011)
Regie: Jaume Balagueró | Mit Luis Tosar, Marta Etura, Alberto San Juan

Wer sich in seinen eigenen vier Wänden mal wieder viel zu sicher fühlt und sich mal lieber nicht mehr so sicher fühlen will – solls ja geben – sollte zu Halloween einen Blick auf „Sleep Tight“ werfen. Ein lange Zeit ruhiger, atmosphärischer Film aus Spanien, voller kleiner und sich immer steigernder, schockierender Szenen und Offenbarungen um einen Concierge, der unfähig ist glücklich zu sein, und daher den Mietern in seinem Haus deren Glück meidet, sie beobachtet, in ihre Intimsphäre eindringt… Inszeniert von einem der beiden „REC“ Regisseure schafft es der Film, seinen ganz klar gestörten Hausmeister mit einer erstaunlichen Portion Empathie bis Sympathie dem Publikum zu verkaufen, mit ihm mitfiebern zu lassen nur um es dann in der nächsten Szene vor den Kopf zu stoßen und sich dafür zu schämen. Dank eines großartigen Luis Tosar in der Hauptrolle wunderbar funktionierendes Horror- und Thriller-Kino in bitterböse und zum im Magen und als kalter Schauer im Rücken nachwirkend.

© Warner Bros. Entertainment

Beim Sterben ist jeder der Erste (1972)
R: John Boorman | Mit Jon Voight, Burt Reynolds, Ned Beatty

Bevor der Fluss dank eines Staudamm Projektes alsbald und für immer verschwindet, wollen vier Städter ihn herunter paddeln. „Weil er da ist.“ Mit seinem schwülwarmen Look und Szenerie auch optisch und atmosphärisch ein Kontrastprogramm zum gängigen Horror im Oktober. In warmen Sepia und Gelb angehauchten Bildern voller bildgewaltiger und zum niederknien schöner Landschaftsaufnahmen, konträr zum Horror-Trip und Überlebenskampf mit Mensch und Natur, auch heute noch so real wie erschreckend wirkend wie er 1972 gewirkt haben dürfte. Mehr als nur die legendären Banjo Klänge und die Schweinchen quiek Szene, erzählt der Film eine Geschichte über die Art wie der Mensch mit der Natur umgeht, verpackt in einen Überlebenskampf. Unfassbar packender Mix aus Abenteuer und Überlebens-Horror mit Tiefgang und einer Botschaft, getragen von tollen Darstellern und einer hitzigen und zum bersten angespannten Stimmung. Plötzlich und vermeintlich unverschuldet in eine ausweglose Situation gedrängt, in einer unbekannten Umgebung, ausgeliefert nicht nur der Natur, sondern auch noch den Einheimischen – ohne den „Redneck“ ganz allgemein zu verunglimpfen – die den sich ihrer Meinung nach ihnen überlegen fühlenden Stadtmenschen nicht gerade wohlgesonnen sind. Keine radioaktiven Kannibalen, kein Typ mit einer Hockeymaske, kein Splatter… und dadurch umso spektakulärer. Ein Adrenalin-Trip, der nicht ohne Grund als einer der Vorreiter des sogenannten Backwood Horrorfilms gilt. Ohne dabei so richtig einer zu sein, und trotzdem eine Menge Horror zu verbreiten. Ideal um den Sommer zu verabschieden.

© Universal Pictures

Dead Silence (2007)
R: James Wan | Mit: Ryan Kwanten, Amber Valletta, Donnie Wahlberg

Der gefühlt vergessene James Wan oder auch der Grusler vom „Saw,“ „Insidious“ und „Conjuring“ Schöpfer, der nicht in Serie ging. Im selben Jahr wie „Death Sentence“ – dass noch immer beste (inoffizielle) „Ein Mann sieht rot“ Remake – erschienen, bereits ausgestattet mit allerhand für Wan auch später typischen Grusel und Schock, erzählt der Film vom Schrecken, der von einer vor der Wohnungstür abgelegten Bauchrednerpuppe ausgehen kann. Ein bei „Saw“ anklingender Score zum Fingernägel kauen und dazu eine nicht geringe Menge an Gore. Aufgerissene und schmerzverzerrte Münder im Film und davor, wenn man wie ich für Puppenhorror anfällig ist, dann gar eine Zerreißprobe bei der Erstsichtung im Erscheinungsjahr. Und auch gut 12 Jahre nach dem Erscheinen in 2007, nicht viel bis nichts verloren, wie sich erst kürzlich herausgestellt hat. Nichts Wans bester Streifen, aber gut genug um nicht vergessen zu sein.

© 20th Century Fox

The Hills Have Eyes – Hügel der blutigen Augen (2006)
R: Alexandre Aja | Aaron Stanford, Ted Levine, Emilie de Ravin

Eine Familie strandet in der Wüste und harrt auf Hilfe. Des nächtens kommt aber was anderes vorbei… Nochmals Hinterwäldler Horror? Jep, aber diesmal ganz anders. Hier gibts die riesig großen, radioaktiv verstrahlten Kannibalen Mutanten. Klar eines der besten Horror-Remakes seid, jeher? Hart, böse, und kompromisslos an den nerven zerrend. Dabei auf den Punkt inszeniert und wirkt nach wie vor brutal eindringlich und eindringlich brutal. Hier bleibt das Popcorn in der Hand liegend oder im Halse steckend, da definitiv zu viel Terror um Spaß oder Appetit zu verbreiten. Aber manchmal braucht es ja gerade das.

© Netflix

Marianne (2019)
R: Samuel Bodin | Victoire Du Bois, Tiphaine Daviot, Lucie Boujenah

Bereit mal mehr als die üblichen 90 bis 120 Minuten in Horror und Thrill zu investieren? Dann könnte ein Blick auf die französische Netflix Serie um eine junge Horror Autorin, die sich von ihrer eigenen Schöpfung, der Hexe Marianne verfolgt sieht, vielleicht das Richtige fürs lange Wochenende im Herbst sein. In acht Folgen zwischen kurzen 36 und fies an den nerven zerrend langen 52 Minuten langen Folgen. Schaurig schön, getragen von glänzend aufspielenden und in Deutschland wohl eher unbekannten Darstellern. Wer Geister-Horror á la „Insidious“ oder „Conjuring“ mag, und „Spuk im Hill House“ bereits und längst beendet hat, darf hier einen Blick riskieren. Langsamer Schrecken durch Mark und Bein, musikalisch wirkungsvoll manipulativ. Zwar mit nicht wirklich der sympathischsten Hauptfigur aller Zeiten ausgestattet, nicht frei von Klischees und nicht immer das Level halten könnend, aber dafür dann wieder extrem wirkungsvoll und visuell sehr ansehnlich umgesetzt für Freunde solcher Spuk Geschichten.

© Netflix / Blumhouse

Still (2016)
Mike Flanagan | Kate Siegel, John Gallagher Jr.

Und zum Abschluss, hier nun der zu Halloween eigentlich obligatorische Killer mit der Maske. In einem Film, der aus dem Genre gefühlt noch immer zu wenig Aufmerksamkeit bekommt. Vor Mike Flanagans „Spuk in Hill House“ entstanden, und ebenso auf Netflix zu finden geht es um die taubstumme Schriftstellerin Maddie Young, die sich in ihrem abgeschotteten Haus im Wald von einem Mann mit (Überraschung) Maske attackiert sieht. Was erstmal nach bekanntem Home-Invasion Muster klingt, wird durch Flanagans Ideen und Einfallsreichtum, wie das Spiel mit dem Ton bzw. dessen ausbleiben fein und nuanciert zu einer kleinen Perle unter den neueren Vertretern des Genres arrangiert. Dabei hart, nervenaufreibend und die Spannung mit dem Killer vor der Tür stetig antreibend. Ideal für allein oder zu zweit im dunklen Wohnzimmer.

Autor: Michael Essmann

Ein B-Movie Freund, der seit einigen Jahren in Köln heimisch ist und dort erfolgreich Design studiert hat. Seitdem schiebt er u.a. Pixel hin und her.

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