Star Wars oder Star Worse? Kommentar zur Disney STAR WARS Ära 7,8,9

23. Dezember 2019, Christian Mester

Da ist er nun, STAR WARS: DER AUFSTIEG SKYWALKERS, der neunte Teil der Reihe und zugleich Abschluss der (ersten) Disney-Trilogie. Zwar ist dieser neueste noch ganz taufrisch, aber dennoch lässt sich jetzt endlich auf das Gesamtbild blicken, dass die Riege unter Kathleen Kennedy geschaffen hat. Nach dem Verkauf an Disney hatte sie ja die Zügel von George Lucas übernommen und voller Tatendrang die Kreation der letzten 3 bzw.5 Teile überwacht. Würdig sollte der gewagte Abschluss werden, an die alten Teile erinnern und das Fanfundament für eine neue Generation legen. Was hält Redakteur Christian Mester von diesem Dreier…. Dreierdebakel?

© LucasFilm

Mittlerweile glaube ich, dass die Qualität von STAR WARS, die wir in den Teilen 4: EINE NEUE HOFFNUNG und 5: DAS IMPERIUM SCHLÄGT ZURÜCK erlebt haben, ein ungeahntes Versehen war. Spätestens die Teile 1: DIE DUNKLE BEDROHUNG, 2: ANGRIFF DER KLONKRIEGER und 3: DIE RACHE DER SITH unter George Lucas‘ vollster Diktatur (4-6 wurden noch von anderen Leuten gedreht) machten deutlich, was sich wirklich in der Vision des Bärtigen verbarg: eine cheesig unterhaltsame Weltraumsaga für die ganze Familie, und ganz besonders für Männer mit kindischen Fantasiekapazitäten (Moment mal Gedisster, weiterlesen). Im Vergleich wurde die Prequeltrilogie herb abgestempelt, weil sie ja kindischer sei als die der Originale. Jarjar, ein ätzend-nerviger Klaumaukherd als offensichtliche Kiddiebelustigung, während man hingegen 6: DIE RÜCKKEHR DER JEDI-RITTER mit den tanzenden Knuddel-Ewoks und Leia im Fanboy-Wunschtraumoutfit bis heut in die Sterne feiert. Die sind für Erwachsene, die Prequeltrilogie ists nicht, so der Gedanke.

Und dann kamen die neuen Filme, die spätestens mit 8: DIE LETZTEN JEDI erzürnten. Wieder wurde gewettert, diesmal aber nicht gegen Kinder, sondern gegen Erwachsene. Der Film nervte neben provokanten Story- und Charakterentscheidungen mit Moralapostelei, Gleichberechtigungsgefasel und dergleichen, denn wenn eine ältere Frau mit lila Haaren gestandende Männerkämpfer wegschickt, dann fraglos, weil die Macher Internettrends folgen und dabei das wichtigere Ganze aus den Augen verlieren: eine gute Story zu erzählen. So der Vorwurf.

Und dann kam jetzt 9, der ebenfalls eine Menge Lack einstecken muss. Vermutlich mehr denn je bezüglich inhaltlicher Ungereimtheiten und faulster Storyvereinfachungen, der aber immerhin niemanden mehr über den Tarkin-Fanboytassenrand hinaus anwerben oder von Non-Star Wars Thematik überzeugen will. Natürlich war es anno 70er 80er nicht so dermaßen blödsinnig wie 2019, aber ich glaube immer mehr, dass in den alten STAR WARS Filmen etwas gesehen wird/wurde, was da eigentlich gar nicht drin steckt. Ok, tatsächlich findet Luke die brutal verbrannten Leichen seiner Adoptiveltern, die Barleuts in Mos Eisley ermöglichen mit Sicherheit noch schlimmere Sachen als beraubt und getötet zu werden und Laserschwerter als Konzept sind unfassbar wahnsinnig. Das Zeug brennt sich durch schier alles durch und wenn mans einmal versehentlich falsch hält oder es runterfällt, ist direkt was ab.

Lange hab ich den ersten Laserschwertkampf zwischen Obi-Wan und Darth Vader als grottig gesehen, weil es der einzige langsame, ruhige Kampf ist, der ausschaut, als würden zwei hüftstarre Opas aufeinander eindreschen. Stattdessen haben sie beide lediglich ultra Respekt vor den Waffen, da sie genau wissen, dass eine falsche Viertelsekunde sofortigen Gliedmaßenverlust und schlimmste Verbrennungen bedeutet. Worauf ich hinaus will: die gesamte Reihe hat diesen Respekt lediglich versehentlich gehabt. Für viele ist Star Wars gefährliche Monster wie der Rancor, tödliche Duelle, atmosphärisch gefährliche Schurkengegenden und die Konfrontation mit unfassbar mächtigem Bösen. Das stimmt aber nur partiell. Stattdessen war Star Wars aber auch immer simpelster Tagtraum. Bauernjunge trifft hübsche Prinzessin und rettet den Tag mit coolen Freunden. Nichtsnutz kriegt mächtigste Kräfte und wird zum wichtigsten Mann des Universums. Auch war Star Wars vereinfachter Blödsinn. Von der Idee her ist das Imperium ein Terrorregime, das unterjocht, ausbeutet und wahllos tötet. Es wird jedoch emotional manipuliert so geschönigt gezeigt, dass es in das Märchenbild reinpasst. Da werden Sturmtruppen zu Döspaddeln, die von einer Bande Bodenaffen besiegt werden können.

7-8-9 hat das Problem, dass Rey von Anfang an unerreichbar ist. Sie ist allein und will allein sein, sucht keine Gesellschaft. Sie ist eine Frau, die sich null um Männer schert und schon mal gar nicht auf sie angewiesen ist. Wie Luke wird sie erst im Verlauf der Trilogie zur wichtigsten Figur für alle anderen, aber Luke behält (in den alten Filmen) seinen verschmitzten Charme. Rey hingegen ist recht schnell die eher distanzierte Einzelgängerin, und durch ihre Machtüberlegenheit und der völlig fehlenden Potenz der Filme, dass Rey und Kylo einander nicht töten wollen, egal wie oft sie auch aufeinander einschlagen mögen, verfliegt sie als Powerfantasie.

Wie dem auch sein mag, ist STAR WARS: DER AUFSTIEG SKYWALKERS herrlichster Blödsinn. Schwach wird er nicht unbedingt in den Momenten dümmlicher neuer Offenbarungen (und davon gibt es eine Menge) oder der Offenbarung, dass man storytechnisch null vorgedacht und bloß schreckhaft Ideenbruchstücke mit Offensichtlichkeiten zusammengetackert hat, um irgendwie ein Ende zu finden. Macht sich Disney über uns lustig, wenn der totgeglaubte Imperator schon in den ersten 5 Minuten seinen neuen Galaxie-Eroberungsplan vorstellt und zeigt, dass er Snoke buchstäblich gemacht und nicht bloß gelehrt hat? Ja, vielleicht. Klar ist das ein Storytelling, das in seinen Extremen und seiner uneleganten Präsentation kaum zum Vorherigen passt. Andererseits ist es auch Teil 9 einer Reihe, die in ihren selbstgesteckten Grenzen festhängt. Natürlich muss man ständig Charaktere und Orte wiederverwenden, die man schon kennt, anstatt neues anzugehen. Denn letzten Endes lebt STAR WARS als Marke schon so lange, weil es das extrem gut kann. Kommt ein Game raus, spielt es nicht 6000 Jahre später und ohne Mächte oder feindliche Armeen oder dergleichen. Nein, es spielt im gleichen Sandkasten, da der von Lucas geschaffene so beliebt ist.

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Um zum Vorwurf „SW ist kindisch“ zurückzukommen: während ich dies schreibe, schiele ich auf ein Bücherregal, in dem neben Werken von Dostoevsky, Nietzsche, Shakespeare und dergleichen zufällig Star Wars Dekofiguren und -raumschiffe herumstehen. Plumpe Nostalgie an eine längst vergangene Kindheit? So könnte man es abfällig bezeichnen, aber stattdessen sehe ich dieses Fantastische als einen kleinen aber beliebten Teil meiner vielen Interessen. Star Wars als Brand fällt es leichter als vielen anderen Sachen, denkwürdig zu bleiben. Was primär an der Musik und den Ideen, den Schauspielern und den exzellenten Drehbüchern der ersten beiden Filme liegt. Herr der Ringe ist ähnlich und als Filme sogar noch besser, aber SW ist fraglos das auffälligste, weil auch am aggressiven beworbenste, abgesehen von Cars und Frozen, die sich ja nun wirklich eher an kleine Kinder richten.

Worauf ich hinaus wollte: für mich ist es völlig okay, das Star Wars insgeheim nach dem Kind in einem giert, weil es das schafft. 9 hat das relativ ungelenk verpackt und muss jedem Erwachsenen mit Logik- und Handlungsverständnis graue Haare schaffen, aber nichtsdestotrotz hat der Imperator einmal mehr gesiegt, muss ich sagen. Ich bin verwirrt und fassungslos, nicht aber gelangweilt oder enttäuscht aus dem Saal gekommen, und trotz allen Blödsinns besteht Star Wars weiterhin. Zwar mag ich die Filme 7-9 eigentlich nur als extrem teure Fanfilme sehen, nicht als adäquate Fortsetzung, aber auch das ist wieder nur eine fadenscheinige versuchte Distanzierung. Die Sith-Wahrheit hinter allem ist, dass ich längst auf der dunklen Seite der Macht angekommen bin. Nicht die des endlosen Kommerzes, aber Star Wars ist größer als ein paar blödsinnige Storyentscheidungen, die man aufgrund ihrer Ideenlosigkeit oder offensichtlichen Blödheit nicht nachvollzieht oder die man selbst gänzlich anders gestaltet hätte. Sprich, natürlich mag ich es weiterhin, mag 9 trotz allem, obwohl es eine Menge „trotz allem“ beinhaltet, bleibe gespannt auf mehr und werde auch diese Teile in Zukunft wiederholen – was letzten Endes nur umso mehr für 4+5 spricht, die eigentlich als einzige die Magie beinhalten.

 

Autor: Christian Mester

Dieser Filmenthusiast (*1982) liebt es, manchmal auch mit Blödsinn, Leute für Filme zu begeistern. Hat BG im Jahr 2004 gegründet und ist dann für Pressevorstellungen, Interviews und Premieren viel rumgereist, hat als Redakteur u.a. für GameStar geschrieben, war dann mal Projektleiter in einer Werbeagentur mit Schwerpunkt dt, Kinostarts und - schaut gerad vermutlich schon wieder was.

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